Gretchenfrage: Neue Omikron-Variante, neue Corona-Maßnahmen?
Während auch in Mecklenburg-Vorpommern über die Sinnhaftigkeit der
noch geltenden Corona-Maßnahmen nachgedacht wird, wurde die neue
Omikron-Sublinie BQ.1.1. hierzulande nachgewiesen.
Schwerin (dpa/mv) - Angesichts der Verbreitung einer neuen Variante
des Coronavirus könnte ein vorzeitiges Ende der noch bestehenden
Coronamaßnahmen verfrüht sein. In der zurückliegenden Woche sei in
Mecklenburg-Vorpommern erstmals die Omikron-Sublinie BQ.1.1
nachgewiesen worden, sagte Bioinformatiker Lars Kaderali, Mitglied
des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, der dpa. Diese könne
zusammen mit kälteren Temperaturen seiner Einschätzung nach zu einer
Corona-Welle im Winter führen.
Die Sublinie, deren Anteil deutschlandweit schon verbreiteter sei als
im Nordosten, sei besser darin, die durch vorhergehende Infektionen
erlangte Immunität zu umgehen. Wann die nächste Welle kommt und wie
stark sie ausfallen könnte, dafür gibt es laut Kaderali bisher wenig
Anhaltspunkte. Aber da die neue Sublinie bereits in Deutschland sei,
würden die Zahlen nicht erst im März wieder hochgehen. «Ich bin mir
relativ sicher, dass sie wieder hochgehen werden, und das wird auch
zeitnah passieren.» Noch in diesem Jahr oder Anfang kommenden Jahres
halte er das für möglich.
Wann der erwartete erneute Anstieg der Corona-Infektionszahlen
eintritt, könnte auch eine Rolle bei der Diskussion um die
Verlängerung der Impfpflicht in Gesundheits- und Pflegeberufen
spielen. Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) sieht das bisher
geplante Auslaufen zum Jahresende aktuell unkritisch: «Die
Corona-Situation jetzt ist eine andere als vor zwölf Monaten». Dabei
ist sie nicht allein, auch unter anderem Sachsen, Bayern,
Baden-Württemberg und Thüringen hatten bereits ein Ende der
Impfpflicht für das Personal in Gesundheitswesen und Pflege
gefordert.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte offengelassen,
ob es nicht doch zu einer Verlängerung über das Jahresende hinaus
kommt. Dies hänge vom Verlauf der Herbst- und Winterwelle ab, sagte
er im Bundestag.
Drese stellte die Sinnhaftigkeit der Impfpflicht auch nicht
grundsätzlich infrage: «Sie war ein sinnvoller und wichtiger
Baustein, um kranke und ältere Menschen bestmöglich zu schützen»,
betonte sie. Den Schwächsten in der Gesellschaft, insbesondere
Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderungen oder Vorerkrankungen
müsse besondere Fürsorge zuteilwerden. Die Impfquoten beim Klinik-
und Pflegepersonal liegen hierzulande ihren Angaben nach zwischen 90
und 95 Prozent.
Aktuell macht sich die neue Corona-Variante noch nicht quantitativ
bemerkbar: Ende Oktober war die Zahl der registrierten Neuinfektionen
sowohl im Land als auch bundesweit wieder gesunken. Allerdings werden
auch längst nicht alle Verdachtsfälle mit Tests überprüft. Kaderali
wertet die aktuelle Situation als Zeichen der verbreiteten Immunität
gegen die Omikron-Sublinie BA.5. Diese habe die Sommerwelle und nun
auch die Herbstwelle bestimmt. Die Welle im Oktober habe den Experten
«ehrlich gesagt schon überrascht». Er war von einer späteren Welle
ausgegangen.
Doch auch im Fall einer neuen BQ.1.1.-Welle rechnet der
Bioinformatiker nicht mit überfüllten Intensivstationen. Vielmehr
werde der hohe Krankenstand beim Personal erneut zum Problem werden.
Dieses könnte eine starke Grippewelle verschärfen. In der Bevölkerung
sei weniger Immunität gegen die Grippe vorhanden, «dadurch, dass wir
die letzten zwei Jahre durch eben diese Kontakt-Reduktionsmaßnahmen
keine Grippewelle hatten». Kommt es so weit, könne die Maskenpflicht
in Innenräumen wieder ein Thema werden, so Kaderali. Das
Infektionsschutzgesetz sehe entsprechende Möglichkeiten vor.
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