An Bäumen riechen und fühlen: Waldbaden geht auch im Winter Von Janet Binder, dpa
Ruhe und Entspannung zwischen Bäumen finden - das ist auch im Winter
möglich. Gesa Gerken bietet das ganze Jahr über Kurse im Waldbaden
an. Dabei werden Atem- und Achtsamkeitsübungen gemacht. Wie sinnvoll
ist das?
Kutenholz (dpa/lni) - Gesa Gerken reibt einen Zweig Douglasie
zwischen Zeigefinger und Daumen und hält ihn unter ihre Nase. «Das
riecht zitronig», sagt die 37-Jährige. Sieben Frauen und ein Mann
stehen neben ihr im Kreis in einem Wald in Kutenholz im Landkreis
Stade. Auch sie schnuppern an einem Zweig, Waldpädagogin Gerken hat
mehrere mitgebracht. Die Gruppe ist an diesem Tag zum winterlichen
Waldbaden zusammengekommen. «Der Waldduft ist wohltuend und
beruhigend», sagt Gesa Gerken. Ihrer Gruppe gibt sie die Aufgabe,
abseits des Weges auch an Baumstämmen, Moos oder Fichtenzapfen zu
riechen.
Als «Shinrin Yoku» wird das Eintauchen in den Wald bereits seit
Jahrzehnten in seinem Ursprungsland Japan praktiziert und erforscht.
Stress geplagte Menschen suchen seit einigen Jahren verstärkt auch in
Deutschland ihre Ruhe beim Waldbaden. «Das ist eigentlich nichts
anderes als ein langsamer Spaziergang durch den Wald, unterstützt
durch Achtsamkeitsübungen», erklärt Gesa Gerken den Begriff. «Man
badet in der gesunden Waldluft.»
Vor allem im Sommer wird Waldbaden von ausgebildeten Trainerinnen und
Trainern angeboten. Die Übungen im Wald seien aber auch im Winter
sinnvoll, wenn sich die Menschen müde, verstimmt und schlapp fühlten,
sagt Gerken: «Das hilft gegen den Blues in der dunklen Jahreszeit.»
Das sieht auch Birte Schmetjen so, Försterin und Gründerin der Firma
«Waldwohl», die unter anderem für die Niedersächsischen Landesforst
en
Trainer fürs Waldbaden ausbildet. «Der Wald tut unserem Körper,
unserer Seele und unserem Atemsystem gut», sagt sie. Durch die
begleitenden Achtsamkeits- und Atemübungen werde der Stress
nachhaltig reduziert. «Manche brauchen jemanden, der sie anleitet,
damit sie sich fallen lassen können», sagt Schmetjen. Andere gingen
ungern allein in den Wald, weil sie Angst hätten, sich zu verlaufen.
Fleur Ot ist eine der Teilnehmerinnen an diesem Tag. Gegen die Kälte
hat sie sich mit Stirnband, dicker Jacke und Handschuhen geschützt.
Sie habe einen sehr stressigen Job, sagt die 45-Jährige. Die Idee zum
Waldbaden sei von ihrem Chef gekommen. «Ich wusste gar nicht, was das
ist», sagt sie. Nun freut sie sich besonders über die Atemübung, bei
der die Arme wie beim Bogenschießen bewegt werden. «Bei der eisigen
Luft brennt dabei die Nase. Man fühlt sich richtig frisch.»
Es sei unbestritten, dass ein Aufenthalt im Wald dem Menschen gut
tue, sagt Jörn Hons, Pressesprecher der AOK Bremen/Bremerhaven. «Aber
den gleichen Effekt kann man auch in den Bergen, im Stadtpark oder am
Meer erzielen», sagt er. Und einen Kurs müsse dafür niemand buchen.
«Waldbaden ist ein Geschäftsmodell - und nach allem, was man derzeit
weiß, nicht gesünder als andere entspannende Aktivitäten in der
Natur.»
Und so bezuschusst bisher auch keine gesetzliche Krankenkasse die
Kosten fürs Waldbaden - anders als etwa bei Kursen wie Hatha-Yoga,
Tai-Chi oder Autogenes Training, deren präventive Wirksamkeit durch
Studien bestätigt sei, wie ein Sprecher des Spitzenverbands der
Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sagt. Im Moment sei auch keine
Änderung geplant oder in Aussicht. «Eine Empfehlung des Arztes, sich
im Wald zu bewegen oder zur Ruhe zu kommen, also den Alltagsstress
hinter sich zu lassen, kann es allerdings sehr wohl geben», sagt
Johannes-Daniel Engelmann von der AOK Niedersachsen. Nur eben nicht
«auf Rezept», wie es sich Gerken wünschen würde.
Die Waldbaden-Trainerin hat schon oft beobachtet, dass viele
Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihrer Kurse «mit so einem Tempo in den
Wald kommen». Deshalb beginnt sie den Kurs auch erst einmal mit der
Übung «Schlendern»: Ganz langsam geht die Gruppe, bleibt immer wieder
stehen und lässt die Blicke schweifen. «Schaut euch die Bäume an, die
Struktur. Das hat eine Wirkung auf den Körper», sagt Gesa Gerken.
Die 62-jährige Petra Seba hat das Waldbaden bereits im Sommer
mitgemacht, im Winter findet sie es nun genauso entspannend. «Das tut
der Seele gut und beruhigt», sagt sie. Durch die Anleitung nehme sie
mehr wahr als bei einem Spaziergang. Besonders mag sie die geleitete
Meditation. Sie steht dabei mit geschlossenen Augen angelehnt an
einem Baumstamm, während Gesa Gerken alle dazu auffordert, an
besondere Momente im vergangenen Jahr zu denken.
«Man geht anders raus aus dem Wald, als man reingekommen ist», sagt
Petra Seba. Und Fleur Ot, Mutter einer zweijährigen Tochter, ergänzt:
«Seit zwei Jahren bin ich nicht so entspannt gewesen wie heute.»
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