Tausende Arztpraxen bleiben aus Protest geschlossen

«Kaputtgespart», «ausgeblutet»: Der Verband der niedergelassenen
Ärzte zeichnet ein dramatisches Bild des Zustands der Praxen. Ein
Protesttag soll auf die Lage aufmerksam machen.

Berlin (dpa) - Tausende Haus- und Fachärzte wollen an diesem Montag
aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung ihre
Praxen nicht öffnen. Der Verband der Praxisärzte, der Virchowbund,
hatte zu der Aktion aufgerufen, weitere knapp 20 Ärzteverbände sowie
die Kassenärztlichen Vereinigungen schlossen sich an. Der Virchowbund
rechnet damit, dass deutschlandweit eine fünfstellige Zahl von
Arztpraxen geschlossen sein wird.

Auf der Protest-Webseite des Verbands ist von «schmerzhaften
Sparmaßnahmen» die Rede, zu denen die Politik und die Krankenkassen
die Praxen seit Jahrzehnten zwängen. Der Protest soll demnach
aufmerksam machen auf den Fachkräftemangel, die aus Sicht der
Mediziner ausufernde Bürokratie, auf die Inflation und die hohen
Energiekosten, unter denen die Praxen litten, sowie auf die
«Spar-Gesetze» der Bundesregierung.

Die Praxen könnten die Patientinnen und Patienten nicht mehr so
versorgen, wie sie wollten, beklagte der Bundesvorsitzende des
Virchowbundes, Dirk Heinrich, am Montag im ZDF-«Morgenmagazin». Durch

Sparmaßnahmen und Leistungskürzungen würden Termine für Patientinne
n
und Patienten «immer rarer». Er verwies auf die Streichung der
sogenannten Neupatientenregelung zu Jahresbeginn, die Ärzten seit
2019 besondere finanzielle Anreize bot, damit sie neue Patienten
aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten. Dieser
Schritt müsse zurückgenommen werden, forderte Heinrich.

Unmittelbar vor dem Protesttag stellte Bundesgesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) Forderungen nach mehr Geld infrage. «Am Brückentag
schließen viele Praxen, wie die Apotheker wollen auch sie mehr Geld.
Im Mittel (Median) verdienen sie aber nach Abzug aller Kosten um die
230 000 Euro pro Jahr», schrieb der Sozialdemokrat am Sonntag auf der
Internet-Plattform X (vormals Twitter). Und er fragte -
offensichtlich rhetorisch gemeint: «Soll der Beitragssatz für
Arbeitnehmer steigen, damit das Honorar weiter steigt?»

Der Virchowbund wirft Lauterbach vor, sich zwar für die Krankenhäuser
zu interessieren, die Nöte niedergelassener Ärzte aber zu ignorieren.
Der Verband nennt auch andere Summen als Lauterbach und spricht von
einem Praxisüberschuss von 172 903 Euro im Jahr und einem
Nettoeinkommen - nach Abzug von Altersvorsorge, Kranken- und
Pflegeversicherung sowie Einkommenssteuer - von 85 555 Euro.

«Der Bundesgesundheitsminister nimmt billigend in Kauf, dass die
Praxen kollabieren und die ambulante Versorgung in Deutschland und
Hessen mehr denn je ins Wanken gerät», sagten die
Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen,
Frank Dastych und Armin Beck, vor dem Aktionstag.

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung soll es einen
flächendeckenden Not- und Bereitschaftsdienst geben. Wer nicht bis
zur Praxisöffnung am Mittwoch warten könne, solle den
Patientenservice unter der Nummer 116117 (ohne Vorwahl) nutzen, hieß
es in einem Post auf der Plattform X (vormals Twitter). In NRW wies
die KV Nordrhein darauf hin, dass andere Praxen vertretungsweise die
Versorgung vor Ort übernehmen wollten. «Jeder Patient, der heute
dringendsten Bedarf hat, Notfälle, werden natürlich versorgt»,
versicherte auch der Virchowbund-Vorsitzende Heinrich im ZDF.

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