Schnupfen, Allergie & Co. - Wundermittel Salzspielplatz? Von Anja Sokolow, dpa

Inhalieren und auch noch Spaß dabei haben - das versprechen einige
Anbieter von Salzspielplätzen. Und nicht nur das. Das Salz soll
helfen, diverse Beschwerden zu lindern. Ärzte sind skeptisch.

Berlin (dpa) - Salz statt Sand: In sogenannten Salzspielplätzen
können Kinder mit Salz statt Sand spielen und salzhaltige Luft
einatmen. Das soll nicht nur Spaß machen, sondern auch beim Gesunden
helfen. Was Anbieter versprechen und Ärzte dazu sagen: 

Was sind Salzspielplätze? 

Salzspielplätze sind Indoor-Spielplätze, deren Boden mit Salz bedeckt
ist. Anbieter sorgen außerdem mit Generatoren für eine salzhaltige
Luft in den Räumen. «Es ist ein kindergerechter Raum, wo die Kinder
im feinen Salz spielen und dabei spielerisch die Inhalationstherapie
wahrnehmen», heißt es etwa von «Babybeach». Der Anbieter hat
bundesweit eigenen Angaben zufolge 50 Filialen. Es gibt auch andere,
zum Beispiel «Rio's Salzspielplatz» in Aschaffenburg und in Berlin
etwa «Salz-Reich» oder «Kindersalzparadies». 

Was versprechen Salzspielplätze? 

Kerstin Hartwig, Inhaberin des Berliner «Salz-Reich» betont:
«Salzspielplätze heilen nicht, sie unterstützen.» Regelmäßige B
esuche
sorgten beispielsweise bei Kindern dafür, dass die Schleimhäute
befeuchtet seien. «Die Schleimhäute sind dann dicht und es können
keine oder deutlich weniger Viren und Bakterien eintreten», so
Hartwig. «Rio's Salzspielplatz» in Aschaffenburg sieht Salz als
«Wundermittel» gegen Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis,
RSV, COPD, Husten oder auch Heuschnupfen. Das Kindersalzparadies in
Berlin-Pankow verspricht: «Während Ihre Lieblinge im Salz spielen,
inhalieren sie wertvolle Mineralien ein. Diese bewährte Therapie
wirkt gegen Allergien, Pilze, HNO-Erkrankungen, Hauterkrankungen wie
beispielsweise Neurodermitis oder Schuppenflechte.» 

Was sagen Ärzte zur Wirkung auf die Atemwege? 

«Ein Besuch von Salzspielplätzen macht aus unserer Sicht medizinisch
keinen Sinn. Wir empfehlen das Inhalieren auch nicht mehr zur
Genesung oder Vorbeugung von Erkrankungen. Die Salzpartikel sind
meist nicht klein genug, um dorthin zu gelangen, wo sie hin sollen»,
sagt Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und
Jugendärzt*innen. «Man braucht wirklich gute Geräte, um feine
Partikel zu produzieren», sagt Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen,
Vorsitzender des Berufsverbands für Pneumologie, Allergologie,
Schlaf- und Beatmungsmedizin Nordrhein. Bei Bronchitis könne das
Inhalieren helfen, aber entscheidend sei die Teilchengröße, betont
auch der Facharzt. Die salzhaltigen Partikel führen demnach zu einer
Schleimverflüssigung. Dadurch könne zäher Schleim leichter abgehustet

werden.  

Können Salzspielplätze schädlich sein? 

Besuche in einem Salzspielplatz seien nicht schädlich für die Kinder,
aber man verspreche sich zu viel. «Man macht ein Geschäft mit der
genervten Mutter, die ein ständig hustendes Kind um sich hat», so der
Experte. Es sei viel sinnvoller, dem Kind ein paar Tage ein
vernünftiges Nasenspray zu geben oder wenn möglich auch mal ein paar
Tage an die See zu fahren. «Klimaveränderungen sind in dem
Zusammenhang viel hilfreicher», so Mülleneisen. Kinderarzt Jakob
Maske empfiehlt: «Abwarten, Tee trinken und viel frische Luft.» Mit
einer Empfehlung für Salzspielplätze halte er sich «stark zurück»
.
Laut Mülleneisen sorgen die Spielplätze bei Atemwegserkrankungen für

keine nachhaltige Verbesserung, sondern wirken nur symptomatisch. 

Helfen Salzspielplätze bei Hautkrankheiten? 

«Salz-Reich»-Gründerin Kerstin Hartwig berichtet, sie habe einst als

Tagesmutter erlebt, wie bei einem Kind mit Neurodermitis nach einem
Besuch in einem Salzspielplatz eine Wunde plötzlich verheilt war. Das
sei für sie ein Schlüsselerlebnis gewesen. Der Kieler Professor für
Dermatologie, Oliver Wiedow, sagt hingegen: «Aus meiner Sicht ist die
Behauptung «Diese bewährte Therapie wirkt gegen Allergien, Pilze,
HNO-Erkrankungen, Hauterkrankungen wie beispielsweise Neurodermitis
oder Schuppenflechten» nicht haltbar.» Sie könne so angewendet noch
nicht einmal bei der Schuppenflechte wirken, bei der bislang die
besten Wirkungen von konzentrierten Kochsalzlösungen beobachtet
worden seien. «Räume mit Sole zu benebeln ist eine Idee, die man
haben kann. Nachweise für eine therapeutische Wirkung kenne ich
nicht», so der Arzt am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Ein
Aufenthalt auf einem salzbedeckten Boden könne allein schon aufgrund
des fehlenden Kontaktes zur erkrankten Haut nicht wirken. 

Ist ein Besuch im Salzspielplatz vergleichbar mit einem Aufenthalt am
Meer?

«An der See kann man durch die Brandungsluft kleine Salzpartikelchen
einatmen, die dann in den feuchten Atemwegen aufquellen. Das führt
dazu, dass sich der Schleim verflüssigt und man besser abhusten
kann», erklärt Pneumologe Mülleneisen. In verschiedenen Salzbädern

werde versucht, diesen Mechanismus nachzuahmen. «Das kommt aber nicht
annähernd an die Qualität der Brandungsluft ran.» Der Natur gelinge
es, besonders feine Salzkristalle zu produzieren, die tief in die
Lunge eingeatmet werden können. Auch gute Inhaliergeräte könnten das

leisten, so Mülleneisen. Diese könne man als Patient in Arztpraxen
ausleihen oder bei chronischen Erkrankungen auch verordnet bekommen. 

Anbieter empfehlen mitunter auch kranken Kindern Besuche in ihren
Salzspielplätzen. Ist es unbedenklich, sie mit gesunden Kindern
gemeinsam spielen zu lassen? 

«Babybeach» vernebelt in seinen Räumen nach eigenen Angaben eine
14-prozentige Sole. Laut Lungenfacharzt Mülleneisen tötet dieser
Salzgehalt Viren und Bakterien ab. Doch er gibt zu bedenken: «Wenn
die Luft so salzig wäre, würde sich kein Kind darin aufhalten. Die
Sole wird in der Umgebungsluft verdünnt und diese Luft atmet man ein.
Wie steril und sauber ist das? Da wäre ich skeptisch. Kranke Kinder
sollten generell nicht mit anderen Kindern zusammengebracht werden.
Es gibt gerade bei Kindern so viele verschiedene
Übertragungsmöglichkeiten von Krankheiten, zum Beispiel über
Schmierinfektionen.» Auf den Seiten der «Babybeach»-Zentrale wird
empfohlen, vor einer Salzinhalation mit einem Arzt zu sprechen. Dort
wird auch von Besuchen abgeraten, wenn man Fieber hat. 

Können Salzspielplätze gegen Allergien helfen? 

Ein Anbieter wirbt auch damit, dass Salz gegen Allergien
helfe. «Allergien beruhen auf einem Antigen-Antikörper-Mechanismus.
Salz bewirkt hier gar nichts», so Mülleneisen. Olga Günter, Leiterin

vom «Kindersalzparadies» in Berlin, berichtet, dass vor allem
Erwachsene mit Heuschnupfen oft ihre Einrichtung aufsuchen. Ein
Aufenthalt helfe, Symptome wie eine verstopfte Nase zu lindern. 

Was sagt die Verbraucherzentrale? 

«Die angeblichen gesundheitlichen Wirkungen der Inhalation in
Salzgrotten sind aufgrund der dünnen Studienlage bisher nicht
wissenschaftlich belegt», sagt Gesa Schölgens, Projektleiterin von
«Faktencheck Gesundheitswerbung» der Verbraucherzentrale
Nordrhein-Westfalen. Das Projekt hat unter anderem einen Anbieter
wegen Werbeaussagen wie «Unser Indoor-Salz-Spielplatz lindert die
Symptome von Bronchitis, Asthma, Husten, Schnupfen oder starker
Verschleimung» abgemahnt. Diese seien unzulässig, so Schölgens. Das
betroffene Unternehmen äußerte sich trotz dpa-Anfrage nicht dazu.
Laut der Expertin hatten sich Eltern an die Verbraucherschützer
gewandt, die an den Werbeaussagen zweifelten. 

Warum haben Kinder überhaupt so oft mit verstopften Nasen zu tun?

«Kinder haben bei einem kleinen Schnupfen schon ein Riesenproblem, da
sie deutlich kleinere und engere Atemwege haben als Erwachsene»,
erläutert Mülleneisen. Schwillt die Nasenschleimhaut wegen eines
Schnupfens an, sei die Nase bei Kindern oft gleich ganz verstopft.
«Genervte Eltern greifen in ihrer Verzweiflung dann auch zu solchen
Dingen wie einem Salzspielplatz», so Mülleneisen. Langfristig bestehe
immerhin Hoffnung: «Je größer die Kinder werden, desto kleiner wird
das Problem.» 

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