Neun Jahre für Tötung des Ehemannes in Brunsbüttel Von André Klohn, dpa

Eine Frau erschlägt in Brunsbüttel ihren pflegebedürftigen Mann mit
einem Tischbein. Die Frage nach dem Grund bleibt im Prozess
unbeantwortet. Das Landgericht Itzehoe ist von einem Vorsatz
überzeugt.

Itzehoe (dpa/lno) - Immer wieder schluchzt die Frau laut auf der
Anklagebank im Saal 11 des Landgerichts Itzehoe. «Sie sind jetzt
nicht dran», sagt der Vorsitzende Richter Johann Lohmann vor der
Verkündung des Urteils zu der Angeklagten. Für das Erschlagen ihres
71 Jahre alten Ehemannes Mannes in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen)
hat das Landgericht die 48 Jahre alte Angeklagte am Donnerstag zu
neun Jahren wegen Totschlags verurteilt. Doch letztlich bleiben
Fragen zum Tod des pflegebedürftigen und gebrechlichen Opfers vor
Gericht unbeantwortet, unter anderem das Motiv für die Gewalttat.

An der Schuld der Frau bestand für das Landgericht jedoch kein
Zweifel. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Frau ihren
Mann am 15. Februar 2023 in der gemeinsamen Wohnung nach einem Streit
vorsätzlich getötet hat. Die Staatsanwaltschaft hatte elf Jahre wegen
Totschlags gefordert, die Verteidigung der Angeklagten auf eine
«milde Strafe» plädiert.

Das Gericht habe kein Motiv für die vorsätzliche Tötung feststellen
können, sagte der Vorsitzende Richter Lohmann. Die Tat habe keinen
Sinn ergeben, die Ehe sei aus Sicht der Angeklagten eigentlich gut
gewesen. Zudem habe die Frau bis auf mehrfache, etwas
widersprüchliche und im Ergebnis unklare Ausrufe während der
Verhandlung zu den Vorwürfen geschwiegen. «Das macht es äußerst
schwierig, diese Tat zu verstehen.»

Die Angeklagte ist, wie das Opfer, pakistanische Staatsangehörige.
Zum Tatablauf steht für das Gericht fest, dass es am Morgen des 15.
Februar 2023 während eines Telefonats mit einer Verwandten in
Pakistan einen gewöhnlichen Streit unter Eheleuten gegeben hat.
Danach schlug die Frau ihren pflegebedürftigen und gebrechlichen Mann
mit einem Hausschuh mit fester Sohle. Das Opfer stürzte. Seine Frau
hob schließlich den 29 Kilogramm schweren hölzernen Couchtisch an und
traf den 71-Jährigen mit dem Tischbein an Kopf und Hals. Bei
Ausführung der Tat lag das Opfer vollkommen wehrlos am Boden. Der
Mann starb spätestens am Nachmittag des Tattages an Atem- und
Herzversagen.

Doch zunächst war der Fall überhaupt nicht bei der Staatsanwaltschaft
gelandet. Bei der Leichenschau waren die Verletzungen einem Arzt
nicht aufgefallen. «Schwer nachvollziehbar», befand Richter Lohmann
die Bescheinigung eines natürlichen Todes. Auch die Angehörigen
gingen zunächst von einem Herzinfarkt des Mannes aus. Er hatte unter
anderem Diabetes. Noch am Abend des 15. Februar fuhren Angehörige zu
der Wohnung. Handlungen der 48-Jährigen und Äußerungen machten sie
stutzig.  Sie wandten sich schließlich an die Polizei. Und die
untersuchte den Todesfall. Das Opfer war mit der Angeklagten in
zweiter Ehe verheiratet.

Die Angeklagte hatte den Mann nach Überzeugung des Gerichts aus dem
Wohn- ins Schlafzimmer geschleppt. Auf dem Teppich wurden später dort
Blutspuren gefunden, wo sich ein Tischbein befand. Das Landgericht
wertete die Aussagen der Angehörigen als glaubhaft. Demnach
berichtete die 48-Jährige diesen von dem Streit und räumte später
auch das Tatgeschehen ein. Vor dem Prozess habe die Angeklagte die
Tat bestritten, sagte Richter Lohmann. Einige ihrer Ausrufe vor
Gericht ließen zwar darauf schließen, dass ihr bewusst sei, für den
Tod des Mannes verantwortlich zu sein. «Ein Geständnis lag aber nicht
vor.»

Als strafmildernd wertete das Landgericht, dass sich die in
Deutschland isoliert lebende Frau massiv selbst geschädigt hat. Sie
war seit 1998 oder 1999 mit dem Opfer verheiratet, hatte aber keine
sozialen Kontakte außerhalb der Familie und führte ein Leben als
Haus- und Ehefrau. Die Sprachbarriere erschwere ihr die Haft laut
Gericht zusätzlich. Der Verteidiger kündigte nach dem Urteil bereits
an, dass er Revision gegen die noch nicht rechtskräftige Entscheidung
einlegen werde.

Staatsanwältin Maxi Wantzen erklärte, die Staatsanwaltschaft werde
dagegen keine Revision einlegen. Das Gericht habe besondere
Haftumstände festgestellt und auch berücksichtigt, dass die bereits
sozial, kulturell und familiär isolierte Angeklagte darunter
besonders leide. Sie rechnet damit, dass der Frau die Abschiebung
droht, wenn das Urteil rechtskräftig wird. «Davon gehe ich aus.» Sie

habe in ihrem Plädoyer strafschärfend gewertet, dass nicht einmal ein
Tatmotiv gefunden worden sei. Die Tat sei sozusagen aus dem Nichts
geschehen. «Und das ist das Wichtige: Aus ihrer Sicht war es eine
gute Ehe.» Die Frau lebe seit mehr als 20 Jahren in Deutschland und
habe keine Sprachkenntnisse.