AfD-naher Bundeswehr-Offizier gesteht Spionage für Russland Von Frank Christiansen, dpa

Es zog ihn zur AfD und zum russischen Konsulat. Ein
Bundeswehr-Offizier hat zugegeben, sich Russland mehrfach als Agent
angedient zu haben. Das genannte Motiv überzeugt das Gericht eher
nicht.

Düsseldorf (dpa) - Ein AfD-naher Offizier der Bundeswehr hat
gestanden, sich Russland mit militärischen Informationen als Spion
angedient zu haben. Die Angst vor einer nuklearen Eskalation des
Ukraine-Kriegs habe ihn getrieben, sagte der 54-Jährige am Montag am
Düsseldorfer Oberlandesgericht aus. 

Etwa im gleichen Zeitraum habe er Kontakt zur AfD aufgenommen und
seine Mitgliedschaft beantragt. Nach Angaben des Gerichts wurde sein
Aufnahmeantrag im Juli 2023 genehmigt. Der Angeklagte sagte aus,
zuvor auch Kontakt zur Partei Die Linke aufgenommen zu haben. Deren
grundsätzliche Ablehnung der Bundeswehr habe ihn aber abgestoßen. 

Eine Nachricht «vermutlich auf Tiktok» habe bei ihm den Impuls
ausgelöst, sich im Mai 2023 an das russische Konsulat zu wenden. Der
Hauptmann räumte ein, damals bei Tiktok einem prorussischen,
AfD-nahen Influencer gefolgt zu sein. Welche Nachricht es genau
gewesen sei, erinnere er aber nicht.

Es sei ihm darum gegangen, seine Familie noch rechtzeitig in
Sicherheit bringen zu können. Für die rechtzeitige Information, «wann

es knallt», habe er Kontakt zur russischen Seite gesucht. Er sei vom
baldigen Einsatz taktischer Atomwaffen ausgegangen.

«Ich habe nur diesen Weg gesehen.» Heute bedauere er dies und sehe es
rückblickend als Fehler. Er sei damals in einer sehr schlechten
psychischen Verfassung gewesen - «Ich war am Allerwertesten» -, habe
18 Kilogramm abgenommen, kaum geschlafen und sei von Ängsten geplagt
gewesen. 

Der Vorsitzende Richter sagte, für ihn sei die genannte Motivation
«sehr schwer nachvollziehbar». Es sei für den Angeklagten offenbar
leichter gewesen, sein Land zu verraten, als zum Arzt zu gehen.
Rückblickend sei dies für ihn auch nicht nachvollziehbar, sagte der
54-Jährige. «Ich hatte mein Leben nicht im Griff.»

Er habe lange den Weg zu einem Arzt oder Psychologen gescheut. Ihm
sei schließlich ein schwerer Burn-out mit Angststörungen und
Panikattacken attestiert worden. Das Wort Depression vermied er.  

Er sei damals im vierten Jahr eines schweren Burn-outs gewesen, habe
kaum noch geschlafen und sich bei der Bundeswehr chronisch
überarbeitet. Zudem habe er durch die dritte Corona-Impfung schwere
gesundheitliche Folgen davon getragen. 

Die Anklagevorwürfe der Bundesanwaltschaft räumte er überwiegend ein.

«Das meiste stimmt», sagte er. Allerdings bestritt er, eine CD mit
heruntergeladenen Dateien aus einem Bundeswehr-Laufwerk an das
russische Konsulat weitergegeben zu haben. 

Zweifel an seinem Handeln seien ihm erst Ende Juli 2023 gekommen, als
es ihm psychisch wieder besser gegangen sei. Inzwischen habe er
seiner Lebensgefährtin eine Vollmacht für seinen Parteiaustritt
erteilt, wisse aber nicht, ob dieser schon umgesetzt sei.    

Der Berufssoldat steht wegen besonders schwerer Spionage zugunsten
Russlands vor Gericht. Der 54-Jährige sei als Hauptmann der
Bundeswehr für Systeme der elektronischen Kampfführung zuständig
gewesen, sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft am Montag.  

Sein Ziel sei gewesen, «den russischen Streitkräften vor dem
Hintergrund der aktuellen politischen Lage einen Vorteil zu
verschaffen».     

Von einem Laufwerk der Bundeswehr habe er Informationen auf eine CD
geladen und diese in den Briefkasten des russischen Konsulats
geworfen, so die Bundesanwaltschaft. Mit seinem Handy habe er zudem
Ausbildungsunterlagen der Luftwaffe fotografiert.

Mehrfach habe der Hauptmann dann von sich aus ab Mai 2023 dem
russischen Konsulat in Bonn und der russischen Botschaft in Berlin
vertrauliche Informationen zukommen lassen mit dem Zusatz: «gerne
mehr». Obwohl er keine Reaktion erhalten habe, habe er es immer
wieder versucht: per Posteinwurf, per E-Mail, mit Telefonanrufen aus
dem Internet und von einem Münzfernsprecher.

Mit den Worten, das Wissen, dass er zur Verfügung stellen könne,
würde «ein beträchtliches Plus für die russischen Streitkräfte un
d
die Russische Föderation bedeuten», habe er für sich als Agenten
geworben. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.      

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in
Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. Damals
durchsuchten Einsatzkräfte die Wohnung und den Arbeitsplatz des
Beschuldigten. Der Senat unter Vorsitz von Richter Lars Bachler hat
für den Prozess bis 24. Juni sieben Verhandlungstage angesetzt.