Studie: Fast jeder zweite Wissenschaftler von Anfeindungen betroffen

Während der Corona-Zeit waren Forscherinnen und Forscher vor allem
nach öffentlichen Auftritten oft mit Hasskommentaren bis zu
Bedrohungen konfrontiert. Wie ist die Lage nach dem Ende der
Pandemie?

Hannover (dpa) -  Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind einer
Studie zufolge zunehmend mit Anfeindungen, Beleidigungen und sogar
Drohungen konfrontiert. In einer repräsentativen Befragung gab knapp
die Hälfte der Forschenden (45 Prozent) an, in irgendeiner Form
bereits Belästigungen beziehungsweise Angriffe erlebt zu haben. «Die
Mehrheit berichtete von einer Zunahme der Anfeindungen», sagte am
Donnerstag Clemens Blümel, der am Deutschen Zentrum für Hochschul-
und Wissenschaftsforschung (DZHW) die Studie leitete, der
Nachrichtenagentur dpa. 70 Prozent der Befragten sagten, dass sie
eine Zunahme von Wissenschaftsfeindlichkeit beobachteten. Über die
Ergebnisse der repräsentativen Erhebung hatte zuerst die
Wochenzeitung «Die Zeit» berichtet.

Während der Corona-Pandemie berichteten viele Fachleute nach
Medienauftritten von Beleidigungen und Hasskommentaren bis hin zu
Morddrohungen. Der Virologe Christian Drosten schilderte als Zeuge
vor Gericht, wie ihn auf einem Campingplatz in Mecklenburg-Vorpommern
ein Paar beleidigt und beschimpft habe. Das Paar wurde wegen der
verbalen Anfeindungen verwarnt, das Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.  Noch Ende 2023 berichteten fast die Hälfte der vom
DZHW Befragten von Angriffen, meist verbaler Art. 

Die Anfeindungen betreffen Studienleiter Blümel zufolge nicht nur
Professorinnen und Professoren, sondern Personen in allen Positionen
der akademischen Gemeinschaft. Was die persönlichen Erlebnisse
angeht, waren in der Befragung Mehrfachnennungen möglich. Am
häufigsten (35 Prozent) wurden herablassende Äußerungen und bewusst
verletzende Kritik genannt - mit dem Ziel, die Kompetenz des
Forschenden anzuzweifeln. 

In 12 Prozent der Fälle wurde von persönlicher Diskriminierung
berichtet. Seltener waren Hassrede (7 Prozent) und Sachbeschädigung,
Vandalismus oder gar Todesdrohungen (unter 5 Prozent). Die Befragten
hatten auch die Möglichkeit zu offenen Antworten und schilderten ihre
Erlebnisse konkreter. Eine Person erhielt demnach die Drohung: «Warte
ab bis wir an der Macht sind, dann wirst du sehen was wir mit so
Menschen wie dir machen!»

Die Studie des DZHW mit Sitz in Hannover entstand in Kooperation mit
dem Projektverbund KAPAZ (Kapazitäten und Kompetenzen im Umgang mit
Hassrede und Wissenschaftsfeindlichkeit). Seit Juli 2023 gibt es eine
zentrale bundesweite Beratungsstelle für Forschende
(Scicomm-Support), die Unterstützung bei konkreten Anfeindungen
leisten will. Die Studienergebnisse sollen auch in die Arbeit dieser
Beratungsstelle einfließen.

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