Land geht neue Wege in der Traumatherapie für Polizisten

Polizisten müssen einiges wegstecken, aber irgendwann werden verbale
und körperliche Attacken zu viel - dann brauchen die Beamten Hilfe.
Ein spezielles Polizei-Programm im Südwesten zeigt Erfolge.

Ulm (dpa/lsw) - Konfrontation mit misshandelten Kindern, mit Mord an
Lebenspartnern und Suizid von Kollegen - solche Geschehnisse gehen an
Polizisten nicht spurlos vorbei. Erkenntnisse aus einer Studie der
Ulmer Polizei, der Deutschen Traumastiftung und der Uniklinik in Ulm
werden jetzt peu à peu in allen 13 Polizeipräsidien in
Baden-Württemberg umgesetzt. Ziel: posttraumatische
Belastungsstörungen verhindern und therapieren.

Kernstück der vom Land mit 170.000 Euro geförderten PULS-Studie ist
eine 24 Stunden lange Pulsmessung. Sie soll helfen, mögliche
Traumafolgen sichtbar zu machen. Das können Kopfweh,
Empfindungsstörungen, Nackenprobleme oder Schlaflosigkeit sein. Auf
Basis der objektiven Körperreaktionsdaten werden im Beratungsgespräch
mit Fachleuten Stressfaktoren im Dienstalltag identifiziert. Zugleich
wird die Widerstandskraft gegen Belastungen ausgemacht, wie
Projektleiter Marc Jarczok von der Uniklinik Ulm erläutert.

Auf einer Belastungsskala rangiert die Konfrontation mit
misshandelten, verletzten und toten Kindern ganz oben, gefolgt von
Suizid eines Kollegen, Umgang mit sexuellem Missbrauch von Kindern,
Gefährdung des eigenen Lebens und schwere Verletzung eines Kollegen.
«Solche Erlebnisse lassen manch einen nicht mehr los, man träumt
davon und erinnert sich beim kleinsten Anlass daran», erläutert
Jarczok und fügt hinzu: «Schlimmstenfalls bedeutet das ein
Karriereende.»

Der Sozialwissenschaftler betont: «Das Einzigartige an dieser Studie
ist, dass wir aus einem präventiven Gesprächsansatz quasi aus dem
Labor den Übergang in die betriebliche Praxis gemeistert haben.»
Betroffenen sollen individuelle Empfehlungen helfen, etwa Meditation
und regelmäßige Arbeitspausen.