Steuerzahlerbund: Bürger arbeiten bis 11. Juli für den Staat

Verkehrsinfrastruktur, Rentensystem, politische Institutionen: Der
Staat übernimmt vieles, was Einzelne nicht leisten könnten. Das
kostet die Steuerzahler hier mehr als in vielen anderen Ländern.

Berlin (dpa) - Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland arbeiten
nach Angaben des Bunds der Steuerzahler in diesem Jahr bis zum
Donnerstag für die Staatskasse. Der vom Verein betitelte
«Steuerzahlergedenktag» fällt damit auf den 11. Juli. Das gilt für

einen fiktiven Durchschnittshaushalt mit 2,3 Personen, der sein
Einkommen aus Arbeit bezieht. Für Singles liegt die Steuerbelastung
höher, für Alleinerziehende beispielsweise niedriger. Der «Gedenktag
»
pendelte in den vergangenen Jahren um die Juli-Mitte, im vergangenen
Jahr fiel er auf den 12. Juli.

Wenige europäische Länder mit höherer Belastung

Von einem Euro an Arbeitseinkommen bleiben den Angaben zufolge 47,4
Cent übrig. 31,7 Cent entfallen auf Sozialabgaben, der Rest auf
diverse Steuern und Umlagen. Ein durchschnittlicher
Arbeitnehmer-Haushalt zahlt damit 52,6 Prozent seines Einkommens an
den Staat. Für Singles ist diese Quote im europäischen Vergleich nur
in Belgien höher, für Familien in Belgien und Frankreich. Im
Vergleich zum Vorjahr sank die Belastung den Angaben nach um rund 0,1
Prozentpunkte.

Konkret hat der Bund der Steuerzahlen Daten aus dem Jahr 2022
hochgerechnet. Neben Steuern fließen in die Quote auch Sozialabgaben
und «Quasisteuern» ein. Damit meint der Verein Belastungen, denen
Bürger nicht ausweichen können, obwohl sie keine Steuern sind - also
zum Beispiel den Rundfunkbeitrag und die CO2-Abgaben auf Kraft- und
Heizstoffe, die klimafreundlicheres Verhalten fördern sollen. Dies
sei übliche Praxis und werde auch vom Statistischen Bundesamt oder
der OECD so gemacht, sagte Matthias Warneke vom Deutschen
Steuerzahlerinstitut. 

Kritik am «Gedenktag»

Kritiker bemängeln, dass bei diesen Berechnungen die Gegenleistung
des Staates für gezahlte Steuern und Sozialabgaben nicht
berücksichtigt werde. Ohne diese müssten die Bürgerinnen und Bürger

viel Geld etwa für die Krankheitsvorsorge ausgeben. Sozialabgaben
flössen etwa in Form von Rente später wieder an die Zahler zurück.

Vereins-Präsident Reiner Holznagel selbst betonte, es solle nicht der
Eindruck entstehen, dass alle Steuern und Abgaben bis zum 11. Juli
verschwendet oder falsch ausgeben würden. «Durch die Zahlungen von
Steuern und Abgaben finanzieren wir Bürger ein starkes und soziales
Sicherungssystem. Deshalb fließt ein erheblicher Teil direkt durch
staatliche Leistungen, durch Versorgungsansprüche und Wohlfahrt
direkt an die Bürger zurück.»

Allerdings sei hier einiges an «Effizienzgewinn» möglich. «Wir habe
n
unendlich viele Krankenkassen, wir haben große Verwaltungseinheiten»,
sagte Holznagel. Zunächst einmal gehe es dem Bund der Steuerzahler
darum, Transparenz herzustellen. Es müsse aber auch viel mehr über
steuerliche Entlastungen gesprochen werden. Es müsse alles dafür
getan werden, dass die Belastungsquote unter 50 Prozent sinke.