Kampf gegen Schweinepest ist aufwendig und langwierig Von Christine Schultze und Nicole Schippers, dpa

Die Folgen einer Infektion mit der Afrikanischen Schweinepest sind
weitreichend und treffen nicht nur unmittelbar betroffene Betriebe.
Für die Bekämpfung der Seuche braucht es einen langen Atem.

Wiesbaden/Friedrichsdorf/Groß-Gerau (dpa/lhe) - Seit Wochen sind
Behörden und Landwirte besorgt über die Ausbreitung der Afrikanischen
Schweinepest in Südhessen - nun ist die Tierseuche bei einem ersten
Hausschwein nachgewiesen worden. In einer Schutzzone müssen sich
Schweinehalter jetzt an strenge Schutz- und Hygieneregeln halten, um
eine weitere Ausbreitung des ASP-Virus zu verhindern. Einige Fragen
und Antworten zur aktuellen Situation:

Warum ist die Afrikanische Schweinepest ein so großes Problem?

Die ASP verläuft fast immer tödlich, über 90 Prozent der infizierten

Haus- und Wildschweine sterben innerhalb von rund einer Woche. Sie
gilt zwar nach Angaben des Hessischen Bauernverbandes nicht als hoch
ansteckend und breitet sich nur vergleichsweise langsam aus,
verschwindet aber auch nicht von selbst wieder. Der Erreger ist in
der Umwelt und besonders im Blut extrem lange haltbar, weshalb sich
beispielsweise lebende Wildschweine sehr lange an Kadavern
infizierter Artgenossen anstecken können. Die Kadaversuche und
-bergung ist daher ein zentrales Element bei der Seuchenbekämpfung
beim Wildschwein. Bei Hausschweinen steht nach der Keulung ebenfalls
die Kadaverbeseitigung sowie die intensive Reinigung und Desinfektion
des Bestandes an.

Mit welchen Maßnahmen soll eine weitere Ausbreitung verhindert
werden?

Innerhalb der Schutzzone in drei Kilometer Umkreis um den betroffenen
Betrieb und der Überwachungszone mit zehn Kilometer Radius gelten
striktere Auflagen für die Höfe. So müssen Tierhalter ihre Bestände

täglich intensiv kontrollieren und besonders auf Krankheitsanzeichen
wie Fieber oder gesteigerte Todesraten achten, erläutert das
hessische Landwirtschaftsministerium. «Jede Abweichung ist
unverzüglich an die zuständige Behörde zu melden.» Zudem gelten
striktere Beschränkungen bei der Verbringung und der Verarbeitung der
Tiere und bei Produkten aus Schweinefleisch. Neben dem zeitnahen
Erlass einer Allgemeinverfügung werde zudem die Suche nach
Wildschweinkadavern «mit Hochdruck» fortgesetzt, und Wildschutzzäune

würden errichtet. Sorgen um eine weitere Ausbreitung der ASP gibt es
auch in Rheinland-Pfalz, nachdem dort nun erstmals der Erreger bei
einem in Gimbsheim (Landkreis Alzey-Worms) gefundenen toten
Wildschwein bestätigt wurde. Laut rheinland-pfälzischem
Umweltministerium gibt es zudem einen Verdachtsfall bei einem toten
Wildschwein in Oppenheim (Landkreis Mainz-Bingen), hier steht eine
zweite Probe noch aus.

Wie groß sind die Schweinebestände in Hessen?

Nach Angaben des Hessischen Bauernverbands wurden im Bundesland im
vergangenen Jahr insgesamt 462.389 Schweine in 3.978 Betrieben
gehalten. Somit hält ein durchschnittlicher hessischer Schweinehalter
116 Tiere. 

Welcher Schaden entsteht betroffenen Betrieben?

Ein Eintrag in einem Hausschweinebestand und eine damit verbundene
Keulung ist nach Einschätzung des Bauernverbandes für jeden Betrieb
eine enorme Belastung - «finanziell wie mental». Insgesamt 3.500
Schweine werden in der Schutz- und Überwachungszone gehalten. Zu den
Einschränkungen beim Handel und der Verarbeitung der Tiere kommen
solche für die Schlachtung - das stelle die Landwirte auch vor
Platzprobleme, wie eine Sprecherin des Bauernverbands sagte. Folgen
bei den Schweinefleischpreisen seien derweil bisher nicht zu spüren.
«Wir haben ja bereits seit einigen Jahren ASP in Brandenburg und
Sachsen, weshalb die Auswirkungen auf ganz Deutschland durch den
hessischen Ausbruch bisher überschaubar sind.»

Welche Hilfen bekommen betroffene Landwirte?

Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums erhalten betroffene
Betriebe Entschädigungsleistungen je zur Hälfte durch die
Tierseuchenkasse und das Land Hessen. «Die Höhe der Entschädigung
richtet sich nach dem gemeinen Wert der zu tötenden und verendeten
Tiere, die entsprechenden Höchstsätze sind gesetzlich festgelegt.»
Zudem würden in bestimmten Fällen Beihilfen für die Reinigung und
Desinfektion als freiwillige Leistungen der Tierseuchenkasse gewährt.
Die Grundsätze sind im Tiergesundheitsgesetz geregelt. Da sich die
Maßnahmen zur Eindämmung der Schweinepest nicht nur auf
Schweinehalter auswirken, können laut Ministerium auch sogenannte
Nichtstörer, also Landwirte ohne Schweinehaltung beziehungsweise
solche, die Felder ohne direkten Bezug zu einer Schweinehaltung
bewirtschaften, Ersatz für Vermögensschäden verlangen. 

Welche weiteren Tierseuchen gibt es derzeit noch in Hessen?

Neben der Afrikanischen Schweinepest ist auch die Blauzungenkrankheit
in Hessen angekommen. Ende vergangener Woche wurde die Tierseuche
nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums bei einem Rind in
Alsfeld (Vogelsbergkreis) nachgewiesen. Die durch ein Virus
ausgelöste Krankheit befällt Wiederkäuer. Vor allem für Schafe und

Ziegen endet sie oft tödlich. Die Folgen für die Tierhalter: Seit dem
Nachweis dürfen keine Tiere aus Hessen mehr in seuchenfreie Regionen

innerhalb der EU transportiert werden, also auch nicht in angrenzende
Bundesländer ohne Blauzungen-Fälle. Den Angaben des Ministeriums
zufolge sind auch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen,
Niedersachsen, Bremen und Rheinland-Pfalz betroffen, außerhalb
Deutschlands auch Belgien und die Niederlande. 

Übertragen wird das Virus nicht von Tier zu Tier, sondern über kleine
blutsaugende Mücken, sogenannte Gnitzen. Wiederkäuer können gegen
die Blauzungenkrankheit geimpft werden. Eine Impfung schützt laut
einem Ministeriumssprecher gegen schwere Verläufe, aber nicht gegen
eine Infektion. In Hessen werden rund 400.000 Rinder und 165.000
Schafe gehalten. Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist nicht auf
den Menschen übertragbar. Fleisch und Milch sowie daraus hergestellte
Erzeugnisse können laut Ministerium ohne Bedenken verzehrt werden.