Klinik-Umfrage: Mehr als zwei Drittel schreiben rote Zahlen

Der Mehrheit der Krankenhäuser geht es finanziell sehr schlecht, die
Stimmung ist düster.

München (dpa) - Die finanzielle Not der Krankenhäuser verschärft sich

nach einer Branchenerhebung weiter. Mehr als die Hälfte von 650
befragten Klinik-Führungskräften sah im zweiten Quartal die
Liquidität des eigenen Hauses «gefährdet» oder sogar «stark
gefährdet», wie die Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger
ergab. Im Schnitt könnte nach dieser Selbsteinschätzung 28 Prozent
der Kliniken bis Jahresende die Insolvenz drohen. 

70 Prozent machen Verlust

«Es sind nicht nur die kleinen Krankenhäuser, es sind auch sehr,
sehr, sehr viele große Krankenhäuser dabei, auch Maximalversorger und
Universitätskliniken», sagte der Krankenhaus-Fachmann und Partner des
Münchner Beratungsunternehmens, Peter Magunia,. «Insbesondere
öffentliche Krankenhäuser stehen noch mal stärker unter Druck.» 


Im vergangenen Jahr schrieben demnach 70 Prozent der Krankenhäuser
rote Zahlen. «Wir glauben, dass es auch sehr kurzfristig zu weiteren
Schließungen kommen wird, wenn wir uns die wirtschaftliche und die
Liquiditätssituation ansehen», sagte Magunia.

Auch städtische Kliniken in Not

Anders als oft angenommen, geraten keineswegs nur kleine
Krankenhäuser auf dem Lande in Not. «Die Herausforderung ist in den
Städten teilweise noch ein bisschen größer», sagte Janes
Grotelüschen, Koautor und ebenfalls Partner bei Roland Berger. «Was
die Bettendichte angeht, sind wir in den Städten meistens noch besser
ausgestattet als ländlich. Daher gibt es in den Städten teilweise
noch größere Auslastungsprobleme.» 

Ein weiteres großes Problem ist fehlendes Personal, weil Pflegekräfte
und andere Klinikangestellte keine allzu hohen Einkommen haben: «In
den Städten ist es teilweise noch schwieriger für die Krankenhäuser,

Personal zu finden, weil die Lebenshaltungskosten nicht so gut mit
den Tarifen zusammenpassen», sagte Grotelüschen. 

Neuer Pleiterekord möglich

Die Umfrage deckt sich im Wesentlichen mit der pessimistischen
Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die im Frühjahr
von einer nie erlebten wirtschaftlichen Schieflage gesprochen hatte.
2023 hatten laut Krankenhausgesellschaft bundesweit 40 Häuser
Insolvenz angemeldet, in diesem Jahr könnte demnach ein neuer
Negativrekord drohen. 

Die Bundesregierung hat zwar versprochen, die Krankenhausfinanzierung
auf solide Füße zu stellen. Die Reform soll Anfang 2025 in Kraft
treten. Momentan aber herrscht in den Krankenhäusern Unsicherheit,
wie Magunia sagte. «Derzeit kann kein Krankenhaus die Effekte aus der
Krankenhausreform kalkulieren und sozusagen auf das eigene Haus
herunterbrechen. Es gibt kein Modell, weder eines, das zur Verfügung
gestellt würde, noch eines, das man sozusagen selbst aufsetzen
könnte.»

Rettung durch Fusion?

Mittel- und längerfristig werden viele Krankenhäuser nach
Einschätzung der beiden Klinikexperten auf Zusammenschlüsse
angewiesen sein. «50 Prozent aller Geschäftsführer denken über
Fusionen nach», sagte Magunia. «Viele Krankenhäuser werden nicht
solitär überleben können, sondern nur im Verbund.» Es gebe bereits

einige Krankenhausverbünde - «die müssen aber auf jeden Fall größ
er
werden».