Bier schon ab 14? «Begleitetes Trinken» auf dem Prüfstand

Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren dürfen in Gaststätten Alkohol
trinken, wenn die Eltern dabei sind. Nicht nur der
Bundesgesundheitsminister möchte das ändern.

Berlin (dpa) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und
die Gesundheitsminister mehrerer Bundesländer sprechen sich für ein
Verbot des sogenannten begleiteten Trinkens von 14- bis 16-Jährigen
aus. «Aus gesundheitspolitischer Sicht kann es zu diesem Thema keine
zwei Meinungen geben», sagte Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland (RND). «Die Anwesenheit von Erwachsenen ändert nichts an
der Schädlichkeit von Alkohol für Kinder. Deswegen sollte das
sogenannte begleitete Trinken untersagt werden.»

Jugendliche dürfen in Deutschland nach Jugendschutzgesetz regulär vom
16. Geburtstag an Bier, Wein und Sekt kaufen sowie trinken. In
Begleitung einer sorgeberechtigten Person ist das sogar schon ab 14
Jahren erlaubt - auch in Gaststätten oder in der Öffentlichkeit. 

Mehrere Gesundheitsminister für Regel-Änderung

Lauterbach ist mit seiner Kritik an dieser Regelung nicht alleine:
Auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) und
die Berliner Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) sind für eine
Abschaffung des begleiteten Trinkens. Die Erlaubnis habe mit Blick
auf die Präventionsziele keinen Sinn, sagte Gerlach dem RND. Czyborra
sagte, Alkoholkonsum gefährde die körperliche und geistige
Entwicklung Jugendlicher in hohem Maße.

Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) nannte die
Handhabung kürzlich «ein völlig falsches gesellschaftliches Signal»
.
«Begleitetes Trinken verharmlost Alkoholkonsum und gehört
abgeschafft», sagte er der «Hannoverschen Allgemeine Zeitung». Je
früher der Einstieg beim Trinken erfolge, desto problematischer sei
das Verhalten als Erwachsener.

Experten prüfen mögliche Gesetzesänderung

Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hatte sich im Juni mit
dem Thema beschäftigt und beschlossen, dass Experten bis zum November
die Regeln im Jugendschutzgesetz noch einmal genauer unter die Lupe
nehmen sollen. Von der Krankenkasse DAK wird die Debatte begrüßt:
Begleitetes Trinken gehöre auf den Prüfstand, sagte Kassenchef
Andreas Storm der Deutschen Presse-Agentur (dpa): «Durch den Zugang
von Alkohol durch die Eltern verringert sich die Hemmschwelle, mit
dem Trinken anzufangen.» 

Es kämen jedes Jahr noch zu viele Kinder und Jugendliche wegen
Alkoholkonsums ins Krankenhaus. Die DAK verwies auf eigene
Erhebungen, wonach 2023 deutschlandweit hochgerechnet rund 6.000
Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren wegen Alkoholmissbrauchs in
Kliniken versorgt werden mussten.

Nach Angaben des Bundesdrogenbeauftragten, Burkhard Blienert (SPD),
trinkt jeder Deutsche statistisch gesehen zehn Liter reinen Alkohol
pro Jahr. Im europäischen Vergleich sei die Bundesrepublik damit ein
Hochkonsumland. Acht Millionen Menschen trinken demnach in riskantem
Maße und 1,6 bis 1,8 Millionen Menschen seien alkoholabhängig im
engeren Sinne. 

CDU-Gesundheitspolitiker sieht Vorstoß zur Regelverschärfung
skeptisch

Die Idee, das begleitete Trinken für Teenager zu verbieten, wird aber
auch skeptisch gesehen. Jeder Schritt, um Jugendliche vom
Alkoholkonsum abzuhalten, sei ein guter für die Gesundheit, sagte der
gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino
Sorge, der dpa. 

Neue Regeln müssten sich aber an den Lebensrealitäten messen lassen:
«Der Familie kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es um den
verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol geht. Ob sich ein
kategorisches Verbot selbst im Privatbereich etablieren lässt, muss
pragmatisch diskutiert werden.» Kein Teenager, der das erste Mal
einen Schluck vom Bier seines Vaters probiere, werde dadurch zum
Alkoholiker. 

Der CDU-Politiker Sorge betonte, wichtiger seien Aufklärungsangebote
in Schulen und Vereinen und der aufmerksame Blick auf das soziale
Umfeld der Jugendlichen. Die allermeisten Alkoholexzesse fänden dort
statt, wo die Eltern nicht dabei seien.