Spahn im Visier - Lauterbach will teure Masken-Beschaffung aufklären

Am Anfang der Corona-Pandemie war die Sorge groß, ob es ausreichend
Masken gibt. Doch nun wird der damaligen Regierung vorgeworfen, nicht
genug aufs Geld geachtet zu haben. Was kommt noch ans Licht?

Berlin (dpa) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will
die teuren Maskenkäufe zu Beginn der Corona-Krise aufklären. Er habe
die ehemalige Staatssekretärin im Justiz- und im
Verteidigungsministerium, Margaretha Sudhof (SPD), zur
Aufklärungsbeauftragten für die Maskenvorgänge berufen, sagte
Lauterbach der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». «Frau Sudhof soll
die Versäumnisse aus der letzten Legislatur grundlegend aufarbeiten
und transparent machen», kündigte Lauterbach an. «Sie mistet jetzt
aus, dabei geht sie in jeden Winkel.» Innerhalb weniger Monate werde
ihm die Juristin einen Bericht vorlegen, der auch personelle
Konsequenzen nach sich ziehen könne.

Spahn rechtfertigt sich mit Notlage

In einer Aktuellen Stunde des Bundestags Ende Juni hatte der damalige
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Vorgehen von 2020
gerechtfertigt: «Wir mussten in der Not entscheiden.» Nachfolger
Lauterbach sagte: «Wenn Fehler gemacht wurden, dann muss das auf den
Tisch, und das scheint klar der Fall gewesen zu sein.» So sei die
Dokumentation zur Maskenbeschaffung hochproblematisch. Auch müsse
geklärt werde, warum noch nach dem Beschaffungsstopp im sogenannten
Open-House-Verfahren aufgrund zu hoher Lieferzusagen trotzdem weitere
Direktverträge abgeschlossen wurden. In einem Open-House-Verfahren
schließt ein öffentlicher Auftraggeber mit allen Bietern einen
Vertrag ab.

Lauterbach sagte, den hohen Einkaufspreis von 4,50 Euro je Maske habe
nach jetziger Erkenntnis sein Vorgänger Spahn festgelegt. Er kündigte
an, diesen Verdacht gegen Spahn aufzuklären: «Dazu werden die Akten
jetzt ebenfalls gesichert, archiviert und ausgewertet.» 
Spahn habe auch den münsterländischen Logistiker Fiege empfohlen. Der
Sitz dieses Unternehmens liegt in dessen Wahlkreis. «Es wirft
natürlich Fragen auf, wenn ein Unternehmen aus der Region des
Ministers ausgewählt wird, das nicht gerade ein Weltkonzern ist.»

Streit um 2,3 Milliarden Euro

Lauterbach lehnte einen Vergleich mit klagenden Maskenlieferanten ab,
die dem Ministerium vorwerfen, nicht gezahlt und die Verträge
gebrochen zu haben. Man prüfe, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen,
sagte er. Aus schwelenden Streitfällen um Masken-Lieferungen sind
noch in etwa 100 Fällen Klagen mit einem Streitwert von insgesamt 2,3
Milliarden Euro anhängig.

In der Aktuellen Stunde hatten etwa die Grünen eine Aufarbeitung des
Einsatzes von Steuergeldern in Milliardenhöhe «für windige Verträge
»
gefordert. Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte, es gehe
jetzt darum, Risiken aus einer Überbeschaffung zu minimieren, die in
Verantwortung der CDU entstanden seien. Die FDP fordert eine
Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Politik. Spahn sagte,
man habe nach der Devise gehandelt: «Haben ist besser als brauchen.»
Der heutige Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei als Finanzminister auch
eingebunden gewesen und habe zu Recht das Geld zur Verfügung
gestellt.