Maskenstreit: Gericht verurteilt Bund zur Millionenzahlung

Als die Corona-Pandemie ausbrach, wurde händeringend nach FFP2-Masken
gesucht. Ein Bundesministerium bot viel Geld - und viele Händler
beschafften überraschend große Mengen. Das war eine teure Sache.

Köln (dpa) - Im milliardenschweren Streit um die Bezahlung von
FFP2-Masken hat das Bundesgesundheitsministerium eine Niederlage
einstecken müssen. Der Bund sei zur Zahlung von rund 86 Millionen
Euro plus Zinsen verurteilt worden, teilte das Kölner
Oberlandesgericht (OLG) mit (6 U 101/23) und vertrat damit eine
andere Haltung als das Bonner Landgericht, das in erster Instanz
keine Zahlungspflicht gesehen hatte. 

Geklagt hatte die Handelsfirma ILTS, die im Frühjahr 2020 nach
Ausbruch der Corona-Pandemie an einer staatlichen Ausschreibung
teilgenommen hatte. Dabei hatte das Bundesgesundheitsministerium ein
sogenanntes Open-House-Verfahren gewählt - jeder, der mitmachte,
bekam den Zuschlag. Für eine FFP2-Maske gab es 4,50 Euro und für eine
OP-Maske 60 Cent. Im Rückblick waren die Preise viel zu hoch.
Allerdings waren die Schutzmasken damals auf dem Weltmarkt ein
knappes Gut - die Antwort auf die Frage, welcher Preis angemessen
war, war daher schwierig.

Bei der Ausschreibung machten viel mehr Firmen mit als vom
Ministerium angenommen, sie wollten massenhaft Masken liefern. Bei
einem großen Teil der Ware verweigerte das Ministerium aber die
Annahme. Das war im Fall von ILTS laut OLG Köln nicht rechtmäßig. Das

Urteil könnte eine gewisse Signalwirkung für andere ähnliche Fälle

haben, die noch anhängig sind. Ende Juni hatte das OLG Köln bereits
in einem anderen Fall entschieden, dass dem Maskenlieferanten das
Geld zusteht.

Bund droht Milliardenrechnung

Auf das Bundesgesundheitsministerium könnten insgesamt
Milliardenkosten zukommen. Das setzt den damaligen
Bundesgesundheitsminister und heutigen Oppositionspolitiker Jens
Spahn von der CDU unter Druck. Das Maskenthema wird auch im Bundestag
debattiert, unlängst äußerte sich Spahn hierzu in einer Aktuellen
Stunde des Parlaments und rechtfertigte sein damaliges Vorgehen
damit, dass man in der Not habe entscheiden müssen. Man habe nach der
Devise gehandelt, dass Haben besser sei als Brauchen.

Lauterbach will keinen Vergleich

Der amtierende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der
die Angelegenheit gewissermaßen geerbt hat von seinem Vorgänger,
lehnte im Juni einen Vergleich mit klagenden Maskenlieferanten ab.
Man prüfe, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen, sagte er damals. Aus
schwelenden Streitfällen um Masken-Lieferungen sind noch in etwa 100
Fällen Klagen mit einem Streitwert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro
anhängig.

Die Handelsfirma ILTS verkaufte dem Bund damals 15 Millionen
FFP2-Masken und eine hohe Anzahl an OP-Masken. Nach den Worten ihres
Anwalts Till Veltmann war die Lieferung zunächst bis Ende April 2020
vorgesehen, dann verschob das Bundesministerium die Übergabe zweimal
auf spätere Zeitpunkte im Mai. Dann sei der Bund von seinem Vertrag
zurückgetreten, ohne eine erneute Frist zu setzen, sagt Veltmann. Das
sei nicht rechtmäßig gewesen, urteilt nun das Kölner Gericht. 

Firmenanwalt fordert Schlussstrich

«Es ist ein Unding, dass die Bundesrepublik bis heute versucht, die
Ansprüche abzuwehren - dadurch wird der Schaden immer höher», sagt
Anwalt Veltmann und appelliert an das Bundesministerium, den
Rechtsstreit nicht weiter in die Länge zu ziehen. Pro Monat fielen
allein im ILTS-Verfahren eine Million Euro an zusätzlichen Zinsen an.
«Die Bundesrepublik sollte jetzt einen Schlussstrich ziehen und das
Verfahren beenden», sagt der Jurist. Für andere Verfahren im
Maskenstreit sei das Kölner Urteil wegweisend. «Das ist eine
Leitentscheidung für nahezu alle im Moment anhängigen Maskenfälle.»


Die Kölner Richter ließen in dem Urteil keine Revision zu. Allerdings
könnte das Bundesgesundheitsministerium eine
Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einreichen.
Die Frage, ob man das tun werde, ließ das
Bundesgesundheitsministerium am Freitagnachmittag unbeantwortet.

 

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