Barbershops in Thüringen im Aufwind

In Thüringer Städten sprießen Barbershops wie Pilze aus dem Boden.
Die neue Konkurrenz wird vom traditionellen Friseurhandwerk teils
argwöhnisch betrachtet.

Gera (dpa/th) - In Thüringer Städten eröffnen immer mehr der
sogenannten Barbershops. Während es 2013 in Ostthüringen lediglich
einen Barbershop gab, waren es in diesem Jahr bereits 53. Die Zahl
der Friseure lag indes weitgehend unverändert bei 787. «Damit wird
deutlich, dass es bei gleichbleibender Zahl von Friseurunternehmen
einen Zuwachs bei den sogenannten Barbershops gibt», erklärt André
Kühne, Pressesprecher der Handwerkskammer Ostthüringen. Landesweit
gibt es dazu jedoch kaum belastbaren Zahlen, der Zuwachs dürfte daher
deutlich höher liegen. 

Der Grund: Barbershops können entweder als Kosmetikbetrieb bei den
Industrie- und Handelskammern (IHK) gemeldet sein oder als
Friseurbetrieb bei den Handwerkskammern. In beiden Fällen werden die
Berufe in keiner gesonderten Statistik erfasst. So konnten die
Handwerksammern für Süd- und Mittelthüringen ebenso wie die IHKs
keine Zahlen liefern. Auch die Gewerbeämter der Städte können nur
ungefähre Angeben machen: Demnach sind aktuell in Gera 13 reine
Barbershops gemeldet, in Gotha und Weimar jeweils 5, in Erfurt und
Nordhausen jeweils 3 und in Eisenach 2. Allerdings gebe es häufig
auch Barbershops unter den angemeldeten Friseurbetrieben. 

Ausnahmeregelungen und Unmut

Diese Unschärfe, aus der auch viel Unmut in der Friseurbranche
resultiert, entsteht durch eine Ausnahmeregelung in der
Handwerksordnung. Grundsätzlich gebe es dort den Beruf des Barbiers
nicht. Viele Barbershops seien deshalb als ganz normaler
Friseurbetrieb gemeldet, so Kühne. Die Ausnahmen machten es aber auch
möglich, dass Betriebe einen handwerklichen Betriebsleiter
anmeldeten. Einige wenige Betriebe umgingen die Meisterpflicht ganz,
indem sie ihr Unternehmen als Kosmetikbetriebe eintragen ließen, für
die es keine Zulassungsvoraussetzungen gebe. Diese dürften dann zwar
Bärte schneiden. «Alle Haare oberhalb der Ohren sind für sie aber
tabu.» 

Diese Ausnahmen sorgen für den größten Ärger in der Friseurbranche
-
vor allem deshalb, weil sie manchmal genutzt werden, um besonders
billige Preise anzubieten, die normale Friseursalons mit
kostendeckender Kalkulation und Mindestlohn nicht mitgehen können.
Zudem werde in der Praxis teils das Ausscheiden eines Betriebsleiters
nicht wie vorgeschrieben gemeldet oder auch komplette
Herrenhaarschnitte oder -färbungen von Kosmetikbetrieben angeboten.
Je nach Fall sei das Schwarzarbeit oder unerlaubte Handwerksausübung,
erläuterte Kühne. Es drohten empfindliche Geldstrafen oder sogar die
Betriebsschließung. 

Kontrollen und Konsequenzen

Bei der Kontrolle hakt es jedoch - weil aufgrund der komplizierten
Ausgangssituation viele unterschiedliche Stellen damit betraut sind.
So seien Gewerbeämter, die eigentlich eine wichtige Rolle bei der
Prüfung einnähmen, personell oft nicht gut genug aufgestellt, um dem
nachzugehen, hieß es vom Zentralverband des deutschen
Friseurhandwerks. 

Bei Behörden wie dem Zoll hingegen liegt der Schwerpunkt auf anderen
Themen: Im November 2023 wurden einer Sprecherin zufolge im Zuge der
Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegalen
Beschäftigungsverhältnissen im Zusammenhang mit Clankriminalität
insgesamt 70 Barbershops in Thüringen geprüft. Dabei seien in 51
Fällen Unregelmäßigkeiten festgestellt worden, die vor allem
Mindestlohn, illegale Beschäftigung von Ausländern und die
Sozialversicherung betrafen. 

Risiken und Chancen

Dass die Beschäftigung von schlecht ausgebildetem Personal oder
unzureichenden Hygienemaßnahmen durchaus ernste Folgen haben können,
zeigt die jüngste Diskussion über die mögliche Verbreitung von
Hautpilz-Infektionen durch Barbershop-Besuche. Trotzdem sollten
deshalb nicht alle Barbiere über dieselbe Klinge geschoren werden:
Während die sehr günstigen Betriebe statt mit der Klinge lieber mit
dem Rasierapparat arbeiten, gibt es andere Barbiere, die die Rasur
geradezu zelebrieren. 

Im Internet gibt es daher mittlerweile Verzeichnisse von Barbieren,
die auch eine klassische Nassrasur anbieten. Der Zentralverband des
deutschen Friseurhandwerks verweist zudem darauf, dass gut geführte
Barbierbetriebe eine Bereicherung darstellen können: So habe der
aktuelle Trend auch dazu beigetragen, dass sich mehr Männer für eine
Friseurlehre entschieden hätten. 

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