Mainzer Unimedizin versorgt Frühgeborene mit gespendeter Milch Von Ira Schaible, dpa

Die Milch der eigenen Mutter ist für Frühgeborene die Beste, sagen
Fachleute. Eine «natürliche Alternative» sei die Muttermilch anderer

Frauen. Die Mainzer Unimedizin macht dafür jetzt ein Angebot.

Mainz (dpa/lrs) - Muttermilch reduziert nach Darstellung von
Fachleuten Gesundheitsrisiken für Früh- und Neugeborene deutlich. Die
Mainzer Universitätsmedizin macht sich deshalb schon seit einigen
Jahren dafür stark, dass möglichst viele Frauen nach der Entbindung
ihre Babys stillen. Zu dem dafür entwickelten breiten Konzept kommt
jetzt eine Spenderinnenmilchbank dazu - die erste in Rheinland-Pfalz.
Allerdings nur für in der Universitätsmedizin geborene und betreute
Säuglinge. 

«Ziel ist es, alle Frühgeborenen unter einem Gewicht von 1500 Gramm
mit Mutter- oder Spenderinnenmilch zu versorgen», sagte die Leiterin
der Frauenmilchbank, Dr. Katharina Schmitz, der Deutschen
Presse-Agentur. Frühgeborene mit diesem Gewicht sind der Uniklinik
zufolge in besonderem Maße von Komplikationen betroffen, die
zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder zum Tod führen können.


«Die Milch der eigenen Mutter ist unumstritten das Allerbeste für
jedes früh- und neugeborene Kind», sagt Schmitz und verweist auf die
NeoMilk-Studie unter Federführung der Universität Köln. Die
Muttermilch passe sich in ihrer Zusammensetzung und den Abwehrstoffen
den Bedürfnissen der Neugeborenen optimal an. «Mutter und Kind sind
auch nach der Entbindung noch ganz eng verbunden.» Kuscheln und
Stillen fördere auch den für Babys wichtigen emotionalen
Bindungsprozess. 

Gespendete Muttermilch kann Still-Lücken überbrücken

Wenn die eigene Mutter nicht genügend Milch habe, empfehle die
Weltgesundheitsorganisation WHO gespendete statt künstlicher Milch.
«Mit eigener oder gespendeter Muttermilch kommt es bei Frühgeborenen
viel seltener zu Komplikationen», sagt Schmitz, die Fachärztin für
Kinder- und Jugendmedizin ist. Dies gelte insbesondere für «die
gefürchtete schlimme Darmentzündung» (Nekrotisierende Enterocolitis)

oder lebensbedrohliche Infektionen. 

«Dass sie die Entwicklung des Immunsystems und des Gehirns stärkt und
auch 
mittel- und langfristig die Gesundheit der Frühgeborenen fördert, ist
ihr wichtigster Vorteil 
gegenüber künstlich hergestellter Säuglingsnahrung (Formula) und
Infusionen mit 
(teil)parenteraler Ernährung», heißt es in einer Mitteilung der
Unimedizin über die Qualitäten der Muttermilch. 

60.000 Frühgeborene im Jahr in Deutschland 

Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 60.000 Kinder als Frühgeborene
zur Welt, so die Universität. Nach einer Auswertung der Techniker
Krankenkasse liegt der Anteil der Frühgeburten an allen Entbindungen
in Deutschland im Schnitt bei 6,2 Prozent (2022). 

Die Zahl der Risikoneugeborenen in der Neonatologie der Mainzer
Universitätsklinik, die gestillt würden, sei in den vergangenen zwei
bis drei Jahren dank der erarbeiteten Konzepte schätzungsweise etwa
von 60 auf 90 Prozent gestiegen, berichtete die Leiterin Neonatologie
der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Professorin
Eva Mildenberger. Im größten Krankenhaus von Rheinland-Pfalz kommen
jedes Jahr rund 2.000 Jungen und Mädchen zur Welt. 

Die Milchbildung setzt schon in der 16. Schwangerschaftswoche ein 

«Dass Mütter gar nicht stillen dürfen, ist ganz selten», sagt
Schmitz. Es gebe nur in wenigen Fällen Kontraindikationen, etwa
Krebstherapien oder die Einnahme bestimmter Medikamente. «Bei den
allermeisten Müttern geht es um eine Entscheidung über ihren Körper,

einige wollen nicht stillen.» Mit guter Aufklärung ließen sich aber
viele dazu bewegen, dies zumindest in der ersten Zeit zu tun. 

Die Milchbildung setze schon in der 16. Schwangerschaftswoche ein.
Damit seien auch Mütter von Frühgeborenen grundsätzlich in der Lage,

zu stillen. «Das ist ein hoher logistischer Aufwand für die Frauen,
lohnt sich aber», betont Schmitz. 

Mainzer Unimedizin unterstützt Mütter beim Stillen 

Die frisch gebackenen Mütter müssten direkt nach der Geburt anfangen,
alle zwei bis drei Stunden die Brust zu entleeren, auch zweimal
nachts. In Mainz würden sie beim Ausstreichen der Brust und beim
Abpumpen von Anfang an von den Teams der Neonatologie und
Geburtshilfe mit Tipps unterstützt, damit die Babys gestillt nach
Hause gebracht werden könnten. 

«In der ersten Zeit nach der Geburt wird das Potenzial geschaffen für
später», betont Mildenberger. «Wenn es genug Anreize und Stimulation

der Brust gibt, dann ist der wesentliche Grundstein für erfolgreiches
Stillen gelegt.» 

Ausnahmen seien selten - weniger als in fünf Prozent der Fälle. Sie
hingen meist mit Schilddrüsenunterfunktionen, hohem Blutverlust oder
Plazenta-Resten in der Gebärmutter zusammen, die wie eine hormonelle
Blockade wirkten. «Im Prinzip kann jede Mutter, auch die eines
winzigen Frühgeborenen, unterstützt werden, dass sie am Ende genug
Milch hat», sagt Mildenberger. 

Stress ist ein großes Hindernis bei der Milchbildung 

«Stress ist immer ein großer Milchhemmer», ergänzt Schmitz. Und ein

Frühgeborenes auf der Intensivstation zwischen vielen Schläuchen,
Kabeln und Geräten sei einer der größten Stressfaktoren für Eltern.
 

«Die Spenderinnenmilch soll zur Überbrückung dienen», sagte
Mildenberger. Selbst ganz kleine Frühgeborene sollten alle zwei
Stunden einen Milliliter bekommen. «Mit der Spenderinnenmilch soll
die Lücke überbrückt werden, bis die Mutter genug eigene Milch hat.
»
Die Mainzer Spenderinnenmilchbank sei aber zunächst nur intern für
dort geborene Kinder konzipiert. Spenden von außen könnten bis auf
Weiteres nicht angenommen werden.

Frauenmilchbanken gibt es schon lange 

Die Unimedizin kalkuliert pro Frauenmilchspende rund 150 Euro an
Kosten und etwa 4.500 Euro pro Jahr. Rheinland-Pfalz ist nach
Darstellung der Initiative Frauenmilchbank das letzte Bundesland, in
dem solch ein Angebot eingeführt wird. Bundesweit gebe es bereits 50
solcher Milchbanken, in einigen Bundesländern mehrere. Die erste sei
schon 1919 gegründet worden und insbesondere in der DDR habe es viele
Sammelstellen für Muttermilch gegeben, berichtete Mildenberger und
erinnerte auch an das Ammenwesen der Adligen Jahrhunderte zuvor. 

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite