Wird bei der Pflege besonders oft betrogen?

Intensivpflegekräfte mit gefälschten Zertifikaten und Haushaltshilfe,
während der Patient im Krankenhaus ist: Immer wieder entdecken
Krankenkassen Betrugsversuche.

Bad Homburg (dpa/lhe) - Sehr viele Fälle, wenn auch nicht unbedingt
der größte materielle Schaden: Seit Jahren berichten Krankenkassen
über Abrechnungsbetrug zu Lasten der Pflegeversicherung. Die AOK
liefert dazu nun neue Zahlen - und analysiert die Ursachen.

In den Jahren 2022 und 2023 hat das Team Fehlverhaltensbekämpfung der
AOK Hessen 650 Neufälle bearbeitet. «Die meisten kriminellen
Handlungen waren hierbei im Leistungsbereich der Pflegeversicherung
zu verorten», teilte die AOK kürzlich mit. 200 Neufälle in zwei
Jahren stammten aus dem Bereich Pflege. 

Falsche Berufsurkunden und doppelte Anträge

Die AOK nennt konkrete Beispiele: Ein Pflegedienst soll zur
Versorgung von Intensivpflege-Patienten Personal mit gefälschten
Berufsurkunden eingesetzt haben. Laut AOK waren die Mitarbeitenden
gar keine Fachkräfte, wurden aber so entlohnt. Ein Strafverfahren
läuft.

Verhinderungspflege soll Angehörige entlasten. In einem Fall müsste
die angegebene Ersatzpflegeperson gleichzeitig an zwei Orten bei
verschiedenen Klienten gewesen sein. Das Verfahren liegt bei der
Staatsanwaltschaft.

Ein Dienstleister bot Unterstützung im Haushalt an. Dabei rechnete er
laut AOK Zeiten ab, in denen die Kunden im Krankenhaus waren. 

Meiste Fälle, aber nicht größte Summe

Zwar war die Zahl der Fälle in der Pflege am größten - nicht aber die

Schadenshöhe. Im Bereich der Pflegeversicherung stellte die AOK im
genannten Zeitraum einen Schaden von 312.000 Euro fest - bei
Fahrtkosten, die von der Krankenversicherung erstattet werden, wurde
ein Schaden von mehr als 990.000 Euro festgestellt. 

Insgesamt beziffert die AOK den Gesamtschaden in zwei Jahren auf rund
3,5 Millionen Euro. 3,3 Millionen Euro konnte sich die Kasse bereits
gerichtlich oder außergerichtlich zurückholen.

Bandenmäßiger Betrug?

Wo liegen die Gründe? AOK-Sprecher Riyad Salhi nennt vier Punkte.
«Zum einen handelt es sich um einen sehr großen Leistungsbereich, an
dem etliche Institutionen und Privatpersonen beteiligt sind, die
Leistungen erhalten und Leistungen erbringen.» 

Zum anderen gebe es auch Hinweise, dass dahinter System steckt:
«Organisierter, bandenmäßiger Betrug hat in den vergangenen zehn
Jahren auffallend zugenommen, insbesondere in der Pflege», sagt
Salhi. 

Die Kehrseite des unbürokratischen Zugangs

Ein weiterer Punkt: «Es gibt in diesem Feld niedrigschwellige
Angebote in Form von Erstattungsleistungen, die relativ aufwandsarm
beantragt werden können», erklärt der AOK-Sprecher. «Wir stellen
regelmäßig fest, dass diese Leistung zuweilen zu Unrecht beantragt
werden.» Der Sprecher weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass
sich «über 99 Prozent der Kundinnen und Kunden fair und korrekt
verhalten».

Nicht zuletzt ist Abrechnungsbetrug ein klassisches Kontrolldelikt.
Heißt: Je mehr man sucht, desto mehr findet man. Auch die AOK
erweitert und verfeinert die Prüfung ständig. «Insofern fällt uns
auch immer mehr auf - auch dieser Aspekt erhöht die Fallzahl über die
Jahre», wie Salhi sagt. 

LKA und BKA erfassen keine Leistungsbereiche

Andere Kranken- und Pflegekassen in Hessen halten sich bei dem Thema
bedeckt. Laut Landeskriminalamt wurden in Hessen im Jahr 2023 in der
polizeilichen Kriminalstatistik 147 Fälle von Abrechnungsbetrug im
Gesundheitswesen erfasst.

«Es findet keine Erfassung statt, welche Institution betroffen ist»,
sagte eine Sprecherin. Entsprechend gebe es keine konkreten Zahlen,
wie viele Fälle die Pflegekasse betreffen. Das LKA stellt aber klar:
«Hinweise auf bandenmäßiges Handeln oder organisierten Betrug zum
Nachteil einer Pflegekasse liegen hier derzeit nicht vor.»

 

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