Aids-Konferenz: optimistische Signale, Sorge um Finanzierung Von Sabine Dobel, dpa

Neue Mittel zur Prävention, eine spektakuläre Heilung: Zwar fehlen
Gelder und die UN-Ziele gegen HIV sind gefährdet, dennoch gehen von
der Welt-Aids-Konferenz in München optimistische Signale aus.

München (dpa) - Mit hoffnungsvollen Impulsen für einen besseren
Schutz vor HIV weltweit geht in München die Welt-Aids-Konferenz zu
Ende. Es seien Daten vorgestellt worden, die zuversichtlich stimmten,
sagte der örtliche Kongresspräsident Christoph Spinner. HIV sei
mittlerweile sehr gut behandelbar - und es gebe große Fortschritte in
der Prävention. 

Erstmals nach gut 30 Jahren gastierte die am Freitag endende
weltgrößte Konferenz zu HIV und Aids wieder in Deutschland, fast
10.000 Teilnehmende kamen, weitere 2.000 waren online dabei. Wichtig
sei auch das Vernetzen gewesen, sagte der Infektiologe am Klinikum
rechts der Isar der Technischen Universität München. «Wir haben die
Menschen aus Politik, Wissenschaft und Community zusammengebracht.»

Mehr Anstrengungen für HIV-Ziel der UN

Es brauche jedoch mehr Anstrengungen und verbindliche
Finanzierungszusagen der Länder, um - wie von den UN angestrebt - HIV
bis 2030 weitgehend zu besiegen und die Neuinfektionsrate um 90
Prozent zu reduzieren, sagte Spinner. Bundeskanzler Olaf Scholz habe
zum Kongressbeginn mit der Zusage, dass Deutschland sich weiter
unvermindert an der Finanzierung von Programmen wie dem Global Fund
beteilige, einen wichtigen Schritt getan. 

Auch die Deutsche Aidshilfe rief zu mehr politischem und finanziellem
Engagement auf. «So deutlich wie nie zuvor hat diese Konferenz
gezeigt: Die Welt verfügt über hochwirksame Mittel, aber die
Finanzierung von Maßnahmen gegen HIV/Aids ist global unzureichend, in
vielen Ländern fehlt zudem der politische Wille zu Prävention für die

besonders stark betroffenen Gruppen», sagte Winfried Holz vom
Vorstand zum Abschluss des weltgrößten wissenschaftlichen Treffens zu
HIV und Aids. 

Die globalen Finanzmittel für den Einsatz gegen HIV in Ländern mit
geringem und mittlerem Einkommen gehen laut dem UN-Programm UNAIDS
zurück. 2023 sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf
19,8 Milliarden US-Dollar und lagen damit um 9,5 Milliarden unter dem
bis 2025 benötigten Betrag von 29,3 Milliarden US-Dollar. 

«Gamechanger» bei Prävention in Sicht

Bei der Prävention liegen laut Spinner große Hoffnungen auf einem
halbjährlich zu spritzenden Medikament. Es hatte bei einer Studie mit
mehr als 5.300 jungen Frauen und Mädchen im südlichen Afrika - gerade
sie haben als benachteiligte Gruppen ein hohes HIV-Risiko - eine
Infektion zu 100 Prozent verhindert. Das Medikament könne zum
«Gamechanger» werden, sagte Spinner. «Da liegt eine Chance für den

Durchbruch in der Prävention.» 

Die Frage sei nun, ob das Mittel - wie von der Deutschen Aidshilfe,
Aktivisten und vom UN-Programm UNAIDS gefordert - rasch und
kostengünstig besonders in stark von HIV betroffenen Regionen zur
Verfügung gestellt werden könne.

Eine Reihe von Studien zeigten zudem Behandlungserfolge über
mittlerweile teils 25 Jahre. Es gehe aber um ausreichenden Zugang zu
lebensrettenden Medikamenten in aller Welt. «In Deutschland haben wir
hier im Allgemeinen kein Problem.» Mehr als 95 Prozent der Menschen
mit HIV bekommen hier Medikamente, die auch eine Übertragung des
Virus unterbinden. Weltweit sind es nach UNAIDS-Zahlen jedoch 77
Prozent bei den Erwachsenen - und nur 57 Prozent bei Kindern bis 14
Jahren.

Auch in Deutschland fehlen bestimmte Medikamente

«Auch in Deutschland wurden neue Medikamente zuletzt nicht mehr
eingeführt oder zurückgenommen, was mich sehr nachdenklich stimmt»,
sagte Spinner. Das betreffe vor allem Medikamente für Menschen, die
seit vielen Jahren behandelt werden und die daher auf
Reservemedikamente angewiesen seien. Hier müsse die Politik in
Deutschland handeln. 

Bei der Prävention sei auch in Deutschland «noch Luft nach oben», wie

steigende Infektionszahlen bei Heterosexuellen, vor allem aber bei
intravenös Drogenkonsumierenden zeigten. Spinner mahnte erneut auch
in Bayern die Einrichtung von Drogenkonsumräumen und integrierte
Hilfsangebote an, wie sie in anderen Bundesländern wie auch anderen
Ländern bestehen. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hier zu einem Umdenken
aufgefordert - München will seit langem Drogenkonsumräume
einrichten. 

Auch die Aidshilfe erneuerte diese Forderung. Wer etwa schwule Männer
oder intravenös Drogen konsumierende Menschen verfolge, statt sie mit
Prävention zu versorgen, ernte steigende Infektionszahlen: «Das sehen
wir gerade in Osteuropa, es gilt in gewissem Ausmaß aber auch in
Deutschland», erläuterte die Aidshilfe.

Sorge um Erstarken der Rechten 

Sorge bereitet Fachleuten die politische Entwicklung weltweit. «Wo
rechte Kräfte erstarken, da sehen wir, dass die HIV-Infektionen
zunehmen - weil die Risikogruppen kriminalisiert werden», sagte
Spinner. Das zeige sich etwa in Osteuropa, ein Schwerpunktthema der
Konferenz. 

Fragen blieben nach der erneuten Heilung eines HIV-Patienten an der
Berliner Charité. Bei diesem als «zweiten Berliner Patienten»
bezeichneten Mann war nach einer Stammzelltransplantation im Zuge
einer Krebsbehandlung das HI-Virus nicht mehr nachweisbar - obwohl
der Spendende nicht über eine vollständige seltene HIV-Immunität
verfügte. 

«Es geht jetzt darum, das zu verstehen, um das Prinzip der Heilung im
Rahmen neuer Optionen auch anderen Patienten anbieten zu können»,
sagte Spinner. Eine Stammzelltransplantation mit ihren hohen Risiken
sei aber nur für Patienten mit einer lebensbedrohenden Krankheit ein
Weg.

 

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