Studie: Schon Kleinkinder essen zu süß und ungesund
Hier eine Pizza, da ein Eis - statt Obst und Gemüse. Die Ernährung
vieler Kinder weicht einer Analyse zufolge teils deutlich von den
Empfehlungen ab. Das kann fatale Folgen haben, warnen Fachleute.
Karlsruhe (dpa) - Schon Kleinkinder essen einer Studie zufolge zu süß
und ungesund. Beim Verzehr ungesunder Lebensmittel werde die
empfohlene tägliche Höchstmenge bei Kindern bis fünf Jahren im
Schnitt um mehr als das Doppelte übertroffen, teilte das
Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, das Max
Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe mit. Hingegen mangele es an
gesunden Lebensmitteln, vor allem Gemüse.
«Die Ernährung in den ersten Lebensjahren bildet das Fundament für
die kindliche Entwicklung und Gesundheit und ist prägend für spätere
Essgewohnheiten», sagte die Leiterin des Instituts für
Kinderernährung am MRI, Prof. Regina Ensenauer.
Jungen ernähren sich ungesünder als Mädchen
Es komme auf die ersten 1000 Tage von der Schwangerschaft bis zum
Ende des zweiten Lebensjahres an. Hier würden die Weichen gestellt,
sagte Ensenauer der Deutschen Presse-Agentur. Ungünstige
Essgewohnheiten könnten Folgen für die Hirnentwicklung haben,
Übergewicht und Adipositas oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes
Typ II begünstigen. «Es ist beunruhigend, dass Süßigkeiten und
Softdrinks bis zu einem Drittel der täglichen Energiezufuhr bei
diesen jungen Kindern bis Schuleingang ausmachten.»
Ungünstige Essgewohnheiten zeichneten sich den Angaben nach schon im
Alter von zwei Jahren ab und wurden mit drei Jahren noch deutlicher.
Vorschulkinder essen demnach mehr ungünstige Lebensmittel als
Kleinkinder, und Jungen ungesünder als Mädchen - insbesondere
Softdrinks und Snacks, wie die Kinderärztin erklärte.
Was sollen Eltern tun?
«Etwas ganz zu verbieten, macht nicht ganz so viel Sinn», sagte sie.
Aber es sei wichtig, auf Menge und Häufigkeit zu achten. Süßes
beispielsweise solle etwas Besonderes sein.
Eltern sollten eine gesunde Ernährung vorleben, empfahl Ensenauer:
Mit dem Kind am Tisch essen, gemeinsam das Essen vorbereiten und
vielleicht sogar anbauen. «Es gibt eine ganz grobe Faustregel», sagte
die Expertin. «Wir nennen das auch eine ausgewogene Mischkost: von
allem etwas. Eine gute Abwechslung, eine gute Vielfalt ist sehr
wichtig, um Spaß zu entwickeln beim jungen Kind.» Dazu zähle auch,
immer wieder etwas Neues zu probieren und nicht aufzugeben, wenn das
Kind etwas ablehnt. «Dann wieder probieren.»
Blick in die Details
Für die Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am
MRI Daten aus einer Kinder-Ernährungsstudie zur Erfassung des
Lebensmittelverzehrs des Bundesinstituts für Risikobewertung
analysiert. Dieses habe von 2014 bis 2017 detaillierte Daten zur
Ernährung von Klein- und Vorschulkindern erhoben. In die aktuelle
Auswertung flossen laut MRI Angaben zu 890 Kindern im Alter von einem
bis fünf Jahren, deren Eltern an vier Tagen im Untersuchungszeitraum
alle verzehrten Lebensmittel und Getränke protokolliert hatten.
Ungünstige Lebensmittel wie Süßigkeiten und Softdrinks machen den
Ergebnissen zufolge bei Mädchen und Jungen im Mittel zwischen 25 und
36 Prozent der täglichen Energiezufuhr aus. Empfohlen seien hingegen
maximal 10 Prozent. Mehr als die Hälfte der Kinder habe außerdem mehr
Fleisch als empfohlen gegessen. Hingegen hätten sie nicht nur weniger
Gemüse, sondern auch weniger Milch und Milchprodukten zu sich
genommen. Die Ergebnisse hat das MRI in der Fachzeitschrift
«Frontiers in Nutrition» veröffentlicht.
Probleme auch bei Vitamin D und Jod
Die mittlere Energie- und Nährstoffzufuhr entsprach der Mitteilung
zufolge sowohl bei Klein- als auch Vorschulkindern größtenteils den
Empfehlungen. Zu niedrig sei sie jedoch für Vitamin D und Jod sowie
bei Kleinkindern für Eisen und bei Vorschulkindern für Kalzium.
«Gesättigte Fettsäuren, Zucker und Proteine nehmen sie hingegen zu
viel zu sich.»
Wichtig ist es Ensenauer zufolge, im Haushalt Jodsalz zu verwenden,
da nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene zu wenig Jod
konsumierten. Vitamin D sollte bis zum zweiten erlebten Sommer eines
Kleinkindes als Tablette zugeführt werden, um den Bedarf zu decken,
riet sie. Die Zufuhr allein über die Ernährung reiche nicht aus. Auch
in den Jahren danach könne es an Vitamin D mangeln. Die Folgen würden
aber noch erforscht.
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