Vom Dinosaurier auf Wolken: Bücher für trauernde Kleinkinder Von Simone Andrea Mayer, dpa
Auch Kleinkinder trauern, wenn sie Angehörige verlieren. Bilderbücher
können ihnen dabei helfen. Die Geschichten geben schon Dreijährigen
Erklärungen - und sprachlosen Eltern Worte.
Borken/Remseck (dpa) - Wenn er Erwachsenen schon unbegreiflich ist,
wie können dann kleine Kinder verstehen, was der Tod ist und dass
Menschen einfach weg sein können? Eine Vielzahl von Büchern zum
Vorlesen für Kleinkinder schon ab zwei bis drei Jahren versucht, das
schwierige Thema aufzugreifen.
Etwa «Mama, gibt's im Himmel Dinos?» von Kai Renners (empfohlen ab
drei Jahren und im Schulalter zum Selberlesen). Mattis' Opa ist
gestorben und er versteht weder das noch warum seine Mutter so
traurig ist. Und er hinterfragt die Erklärung, Opa sei im Himmel. Ist
er wie ein Schmetterling hochgeflogen? «Opa fand Schmetterlinge doch
doof!» Und wie langweilig muss es im Himmel sein, ohne seinen Enkel.
Aber da entdeckt Mattis eine Wolke, die aussieht wie ein Dinosaurier
- und na klar, wenn alle Lebewesen, die jetzt nicht mehr da sind, im
Himmel gelandet sind, sind bei Opa jetzt auch die Dinosaurier da
oben. Mattis ist plötzlich begeistert - und dieser traurige Tod
bleibt zwar traurig, aber er gewinnt eine schöne Wendung.
Schöne Geschichten für schlimme Zeiten
«Beim Thema Tod könnte man natürlich als Autor auf die Idee kommen,
eine ganz pathetische Story abzuliefern, die zu Tränen rührt. Das war
nicht mein Ansatz», sagt Autor Renners aus Borken (NRW). «Ich wollte
stattdessen den Kindern ein positives Gefühl mit auf den Weg geben.
Der Verlust ist ja schon relativ schrecklich. Ich hätte es als falsch
empfunden, dann noch zum Beispiel Bilder von einem Grab zu liefern.»
Auch meidet Renners eine Erklärung, was der Tod ist. «Ich denke, die
Kinder sind in dem Alter einfach noch viel zu klein, das zu
verstehen. Manch Erwachsener hat ja Probleme, dieses Thema zu
erfassen.»
Dafür wollte Renners mit dem Kinderbuch auch die Erwachsenen
ansprechen. «Ich finde, dass die Eltern sich dessen bewusst sein
sollten, dass deren Trauer wahrscheinlich für die Kinder noch
schrecklicher ist als der Tod von etwa dem Opa.» Daher wundert sich
das Kind im Buch auch erst mal vor allem, warum seine Mutter traurig
ist und möchte sie aufmuntern.
Donnerwetter: Oma pupst mit Opa um die Wette
Eine schöne, fröhliche Welt für Kinder ab drei Jahren findet sich
auch in «Wie mag's denn wohl im Himmel sein?» von Christian und
Fabian Jeremies: Dort gibt es vielleicht leckere Stücke vom Mond zu
essen, spekulieren Tierkinder. Und Oma Rosi schmeißt da oben
Donnerwetterpartys. Deswegen gewittert es manchmal. Oder das laute
Knallen kommt vom Wettpupsen, das Oma und ihr schon früher im Himmel
angekommener Mann veranstalten.
In diesem und weiteren Büchern für trauernde Kinder schaffen die
Autoren einen besonderen Platz für die Verstorbenen und Bezugspunkte
zum Erinnern - etwa bei jedem Gewitter. Das ist wichtig, sagt Roland
Kachler. «Nicht nur Kleinkinder, auch wir Erwachsene brauchen einen
Ort für den Verstorbenen, an dem er nicht verloren geht. Nicht ins
Vergessen, nicht ins Nichts fällt», erklärt der Psychologe und
Trauerbegleiter aus Remseck (Baden-Württemberg). Das kann etwa der
Regenbogen oder der Himmel sein.
Die Geschichten müssen sich verändern dürfen
Kinder wollen nach Auffassung seines Ansatzes der Trauerpsychologie
auch oft eine innere Beziehung zum Verstorbenen haben. Omas und Opas
werden etwa zu einer Art von Begleitern. Dabei sei es
unproblematisch, dass schöne Geschichten und nicht die harte Realität
des Sterbens erzählt würden.
«Kinder leben in symbolischen Welten, denken Sie an die ganzen
Comics, an die Märchen. Aber ganz wichtig ist, dass wir diese Bilder
offen halten für spätere Veränderungen», führt Kachler aus. Denn
wenn
die Kinder älter werden und mehr verstehen, fragen sie irgendwann:
Ist das auch wirklich so?
«Man kann schon sehr früh einführen - und Kinder müssen das noch
nicht kognitiv verstehen - dass das eben Bilder sind. Die Realität
kommt dann zunehmend dazu - spätestens mit dem Warum-Frage-Alter»,
sagt der Psychologe, der mit «Wie ist das mit der Trauer» selbst ein
entsprechendes Erklärbuch für Kinder ab sechs Jahren geschrieben hat.
Trotz, Wut, Traurigkeit - Gefühle nachvollziehen
Diesen Weg wählt das Buch «Opa wohnt jetzt woanders» von Susanne
Bohne (ab vier Jahren). Mäusekind Emil hinterfragt diesen Himmel und
lässt all die menschlichen Gefühle raus, die sich nach so einer
Todesnachricht auftun: Erst ist er trotzig - er will den
verschwundenen Opa einfach besuchen gehen. «Das konnte doch nicht so
schwierig sein!»
Dann kommt in Emil Wut hoch, gefolgt von Traurigkeit: «Selbst als er
sich beim Fahrradfahren das Knie aufgeschürft hatte, hatte er nicht
so sehr weinen müssen.» Aber auch Emils Gefühle wenden sich zum
Positiven: Er realisiert, dass Opa für immer in seinem Herz wohnen
wird, als Begleiter und Beschützer.
«Mein Ziel war es, Kindern zu zeigen, dass Trauer ein sehr
vielschichtiger Prozess ist, bei dem viele unterschiedliche Gefühle
aufkommen können», erläutert Autorin Susanne Bohne aus Dortmund. «E
s
wäre toll, wenn Kinder verstehen und annehmen, dass all diese Gefühle
normal sind und dass es in Ordnung ist, wenn sie sie durchleben.»
Bohne hat dabei bewusst kein Menschenkind als trauernde Figur
gewählt. «Tiere bieten Kindern eine gewisse emotionale Distanz, die
ihnen hilft, schwere Themen wie den Tod besser zu verarbeiten, ohne
das Gefühl zu haben, dass die Geschichte direkt auf sie selbst
zutrifft», erläutert sie. «Kinder können sich durch Emil in die
Geschichte hineinversetzen, aber es gibt eine Sicherheit, weil es
eben «nur» ein Mäusekind ist. Diese Distanz schafft Raum für
Empathie, ohne die Kinder zu überfordern.»
Kinderbücher geben Eltern die richtigen Worte
Geschichten von starkem Kinder-Vermissen vorlesen, lustige
Gedankenspiele von Party feiernden und auf Dinosauriern reitenden
Angehörigen anstrengen? Damit mag so mancher Erwachsener in seiner
eigenen Trauer allerdings Probleme haben.
Psychologe Kachler aber betont: «Diese Kinderbilderbücher sind oft
auch ganz wichtig für die Eltern. Wer jemanden verloren hat, etwa den
eigenen Elternteil, ist oft nicht sprachfähig.» Kinderbücher geben
Müttern und Vätern Worte in Zeiten, in denen sie selbst nichts mehr
verstehen - «sofern Eltern bereit sind, diese Bücher auch
vorzulesen».
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.