Erste Cannabis-Ernte - Kommunen sollen kontrollieren

Der erste Cannabis-Verein hat in Niedersachsen schon mit der Ernte
begonnen. Doch wer kontrolliert Verstöße? Ein Vorschlag der
Landesregierung stößt auf Unmut.

Hannover/Ganderkesee (dpa/lni) - Die niedersächsischen Kommunen
sollen Verstöße gegen das Cannabisgesetz kontrollieren und ahnden.
Das plant die rot-grüne Landesregierung, wie die Staatskanzlei
mitteilte. Bei den Kommunen und Städten stößt dieses Vorhaben
allerdings auf Kritik. «Wir wissen nicht, mit welchem Personal wir
das kontrollieren sollen», sagte der Sprecher der Niedersächsischen
Städte- und Gemeindebundes (NSGB), Stephan Meyn. «Wir hätten das
lieber bei der Polizei gesehen.» 

Schon bevor das Kabinett den Entwurf zur Verbandsbeteiligung
freigegeben hatte, hätten sich die Kommunen dafür ausgesprochen,
diese Aufgabe nicht bei ihnen anzusiedeln. Jetzt würden die Menschen
bei Cannabis-Verstößen im Rathaus anrufen, obwohl gerade kleinere
Kommunen gar nicht genügend Personal in den Ordnungsämtern hätten.

Auch der Niedersächsische Städtetag lehnt die Pläne ab. «Um es ganz

deutlich zu sagen: Die kommunale Ebene hat um dieses Gesetz nie
gebeten. Das waren andere», teilte Geschäftsführerin Kirsten
Hendricks mit. Die Vorgaben des Bundes seien praxisuntauglich, für
Kontrollen fehle das Personal und die Übernahme der Kosten sei
fraglich.

Erste Ernte im Landkreis Oldenburg

Währenddessen werden im Landkreis Oldenburg schon die ersten Pflanzen
geerntet. «Wir sind stolz darauf, der erste Verein in Deutschland zu
sein, der eine legale Cannabis-Ernte durchführen darf», teilte Daniel
Keune, Vorsitzender des Cannabis Social Clubs aus Ganderkesee, mit.
«Es fühlt sich tatsächlich ein wenig so an, als wären wir die
Pioniere dieser neuen Ära.» 

Der Bundesdrogenbeauftragten sind bisher keine anderen Anbauvereine
in Deutschland bekannt, die mit der Ernte begonnen haben. Allerdings,
so betont die in Niedersachsen zuständige Landwirtschaftskammer,
bestehe keine Pflicht, den Zeitpunkt der Ernte zu melden.

Etwa die Hälfte der 400 Pflanzen werden jetzt geerntet, erklärt
Keune. «Die erste Ernte ist sehr vielversprechend geworden. Die
Pflanzen haben sich gut entwickelt, und die Qualität des Cannabis ist
hervorragend.» Nach dem Trocknen wird das Cannabis in Beutel verpackt
und ab Anfang November an die Mitglieder ausgegeben. 

15 genehmigte Cannabis-Anbauvereine in Niedersachsen

Seit dem 1. Juli dürfen in Deutschland Cannabis-Anbauvereine für den
gemeinschaftlichen Anbau und die Weitergabe von Cannabis zugelassen
werden. Mitglieder, die mindestens 21 Jahre alt sind, erhalten
höchstens 25 Gramm Cannabis pro Tag und höchstens 50 Gramm Cannabis
pro Monat zum Eigenkonsum. Die erste Erlaubnis in Niedersachsen wurde
am 8. Juli an den Verein in Ganderkesee übergeben.

Laut Landwirtschaftskammer stellten in Niedersachsen 38 Vereinigungen
bis vergangene Woche einen Antrag für den Cannabis-Anbau - 15 wurde
das bereits genehmigt. Fünf wurde die Erlaubnis versagt. Häufiger
Grund dafür sind nicht erfüllte Auflagen zum Gesundheits- und
Jugendschutz.

Die Anbauvereinigungen müssen einmal jährlich sowie auf Verlangen der
zuständigen Landesbehörde die Ernte- und Weitergabemengen und ihren
Bestand mitteilen. Außerdem sollen sie einmal jährlich und
anonymisiert Daten zu Weitergabemengen an ihre Mitglieder melden. Es
solle ausgeschlossen werden, dass es einen illegalen Austausch mit
dem Schwarzmarkt gibt, so die Landwirtschaftskammer.

Minister: Freiheiten beim Cannabis funktionieren nur mit klaren
Regeln

Der NSGB und der Städtetag fordern einen finanziellen Ausgleich, wenn
die Kommunen die Kontrollen übernehmen sollten. Gesundheitsminister
Andreas Philippi (SPD) erklärte, die Landesregierung werde
beobachten, ob den Kommunen durch die Übertragung Mehrbelastungen
entstünden: «Ich bin zuversichtlich, dass unsere Kommunen mit dem
Thema Cannabis-Verstöße ebenso professionell umgehen werden wie mit
anderen Ordnungswidrigkeiten.»

Klar sei, dass die neuen Freiheiten beim Cannabis nur mit klaren
Regeln funktionierten, betonte der Minister: «Und wer sich an diese
Regeln nicht hält, muss mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren
rechnen.» 

Bereits seit dem 1. April dürfen Erwachsene im Zuge der
Cannabis-Teillegalisierung bis zu 25 Gramm Cannabis in der
Öffentlichkeit mit sich führen und maximal 50 Gramm zu Hause
aufbewahren. Verboten ist der Konsum unter anderem in Gegenwart von
Minderjährigen, in Schulen, auf Spielplätzen und in Sportstätten.

Der lange angekündigte Bußgeldkatalog, an dem sich die Kommunen
orientieren könnten, lässt derweil weiter auf sich warten. Philippi
hatte bereits im August gesagt, der Katalog sei vorbereitet und in
der Abstimmung: «Ich gehe von happigen Strafen aus.» Einen Zeitplan
für den Beschluss nannte das Ministerium heute allerdings weiterhin
nicht.

Hohe Nachfrage beim Cannabis-Anbauverein

Auch aus Sicht des Cannabis Social Clubs hapert es noch bei den
gesetzlichen Regelungen. «Natürlich ist das Gesetz nicht perfekt und
es gibt noch viele Details, die optimiert werden könnten», meint
Keune. «Beispielsweise decken die Anbauvereine nur einen kleinen Teil
der tatsächlichen Nachfrage ab, was den Schwarzmarkt leider nicht
vollständig verdrängen wird.»

Der Verein hat nach eigenen Angaben schon mehr als 1.000 Anfragen
erhalten, darf laut Gesetz aber nur 500 Mitglieder aufnehmen. «Viele
Menschen wollen Teil dieses Projekts sein, weil sie endlich sauberes,
hochwertiges Cannabis in einem legalen Rahmen konsumieren möchten»,
teilte Keune mit. Um der Nachfrage gerecht zu werden, treten einige
Gründungsmitglieder aus und werden zwei weitere Vereine in Oldenburg
und Delmenhorst gründen.

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