Vergiftung durch Pilze: Drei Kinder weiter in Lebensgefahr
Im Essener Uniklinikum kämpfen Mediziner um das Leben von drei
Kindern. Sie hatten Knollenblätterpilze gegessen, Leberversagen war
die Folge. Viele Experten warnen eindringlich vor dem Giftpilz.
Essen (dpa) - Drei Kinder, die nach dem Verzehr von
Knollenblätterpilzen wegen akuten Leberversagens behandelt werden,
schweben weiter in Lebensgefahr. In Essen kämpfen Mediziner um das
Leben der jungen Betroffenen. Sie waren in der Nacht zu Dienstag laut
Essener Uniklinikum mit akutem Leberversagen in die Kinderklinik
aufgenommen worden und benötigten dringend eine
Notfalltransplantation. Eine Kliniksprecherin sagte nun auf
dpa-Anfrage, der Zustand sei unverändert ernst, es gebe keine neue
Entwicklung. Mehrere Experten warnten eindringlich vor dem
hochgiftigen Knollenblätterpilz.
Die behandelten Kinder sind der Sprecherin zufolge zwischen fünf und
15 Jahre alt. Woher genau sie kommen und ob es sich um Jungen oder
Mädchen handelt, könne man nicht sagen. Aus datenschutzrechtlichen
Gründen und zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte werde es keine
weiteren Angaben zum Gesundheitszustand der Patienten geben. Zugleich
wies das Klinikum erneut auf die großen Gefahren des
Knollenblätterpilzes hin.
Auch der Vater eines der Kinder werde nach wie vor wegen
Leberversagens in Essen behandelt, hieß es. Zwei der Kinder sind nach
ersten Angaben der Klinik vom Dienstag verwandt. Keines der Kinder
stamme aus Nordrhein-Westfalen. Zwei seien aus dem Saarland nach
Essen gebracht worden. Die Universitätsmedizin Essen gehört zu einem
der wenigen Lebertransplantationszentren in Deutschland.
Der Knollenblätterpilz ist einer der giftigsten Pilze in Europa
Essbare und giftige Pilze zu unterscheiden, ist nicht einfach. Der
Knollenblätterpilz gilt als einer der giftigsten Pilze überhaupt. Und
dieser hochgiftige Vertreter sehe dem Champignon sehr ähnlich, sagte
Experte Markus Cornberg der Deutschen Presse-Agentur. Der
Medizinische Geschäftsführer der Deutschen Leberstiftung warnte vor
dem Verzehr selbst gesammelter Pilze aus dem Wald, das Risiko einer
Vergiftung sei zu hoch.
Cornberg mahnte: «Finger weg von Pilzen aus dem Wald.» Auch auf Apps
solle man sich als Laie nicht verlassen. «Pilze sollte man im
Supermarkt kaufen.» Wer unbedingt sammeln wolle, solle das nur
zusammen mit ganz erfahrenen Pilzexperten tun. «Der
Knollenblätterpilz lauert überall.» Wie stark die Vergiftung
ausfalle, hänge vor allem davon ab, wie viel man von dem
Knollenblätterpilz gegessen habe. Eine Rolle könne aber auch spielen,
wie groß und schwer die betreffende Person sei.
Eile ist geboten
Das Toxin des Knollenblätterpilzes werde über den Magen-Darm-Trakt
aufgenommen. Wenn dort Beschwerden auftreten, sei Eile geboten. Bei
schnellem Eingreifen etwa mit Kohletabletten sei ein Leberschaden
noch aufzuhalten, es gebe auch ein Gegengift, erläuterte er. Als
Intensivmaßnahme bei drohendem Leberversagen gebe es die Möglichkeit,
das Gift aus dem Körper herauszuwaschen. Akutes Leberversagen
bedeutet laut Stiftung, dass die Leberfunktion komplett
zusammenbricht. Weil dieses Krankheitsbild lebensbedrohlich sei,
müsse eine Lebertransplantation geprüft werden.
Vergiftungsfälle nach Pilzverzehr würden nicht gemeldet, es gebe
keine Zahlen, schilderte Mediziner und Wissenschaftler Cornberg. 2023
seien der Stiftung wieder zunehmend viele Fälle bekanntgeworden, da
es sehr früh im Jahr feucht gewesen sei, was das Pilz-Wachstum
begünstige. Auch dieses Jahr sei bisher sehr feucht ausgefallen.
Großteil aller tödlichen Pilzvergiftungen durch Knollenblätterpilz
Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung werden diesem
durchschnittlich zehn Pilzvergiftungen pro Jahr ärztlich mitgeteilt,
die Giftinformationszentren der Länder beantworten über 3.000
Anfragen zu Pilzen pro Jahr.
Das BfR und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
gehen davon aus, dass der Knollenblätterpilz für den Großteil aller
tödlichen Pilzvergiftungen in Deutschland ursächlich ist. Bei Kindern
könne je nach Alter und Gewicht schon der Verzehr einer geringen
Menge von fünf bis zehn Gramm tödlich ausgehen.
Angaben im Deutschen Ärzteblatt im Oktober 2020 zufolge wurden in
Deutschland in den Jahren 2000 bis 2018 insgesamt 4.412 stationäre
Behandlungen und 22 Todesfälle aufgrund toxischer Wirkung verzehrter
Pilze verzeichnet, 90 Prozent der tödlichen Pilzvergiftungen wurden
demnach durch den Knollenblätterpilz verursacht.
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