Kinder nach Pilzvergiftung in akuter Gefahr - Spenderorgan?

Drei Kinder und ein Mann werden wegen Leberversagens im Uniklinikum
Essen behandelt. Sie hatten Knollenblätterpilz gegessen, der tödlich
wirken kann. Werden lebensrettende Spenderorgane gefunden?

Essen (dpa) - Drei Kinder und ein Erwachsener werden wegen akuten
Leberversagens nach dem Verzehr von Knollenblätterpilzen auch
weiterhin im Essener Uniklinikum intensivmedizinisch behandelt. Zwei
der vier Patienten wurden bereits in der chirurgischen Klinik des
Universitätsklinikums Essen transplantiert, wie die Klinik am
Nachmittag mitteilte. «Der Gesundheitszustand ist in beiden Fällen
weiterhin kritisch.»

Auch über die Aussicht auf Genesung lasse sich derzeit keine
zuverlässige Prognose stellen. Zwei der Kinder warten demnach
weiterhin auf eine Spenderleber. 

Die drei Kinder im Alter von 5 bis 15 Jahren waren laut Uniklinikum
in der Nacht zu Dienstag in lebensbedrohlichem Zustand in die
Kinderklinik aufgenommen worden und benötigten dringend eine
Notfalltransplantation, wie die Klinik unmittelbar danach mitgeteilt
hatte. Auch der Vater eines der Kinder wird behandelt. Die Kinder
stammen nicht aus Nordrhein-Westfalen, zwei seien aus dem Saarland
nach Essen gebracht worden. 

Das Winterbergklinikum in Saarbrücken teilte auf Anfrage mit, Eltern
und Kinder seien am Wochenende zunächst vor Ort behandelt worden.
Inzwischen seien alle Betroffenen in spezialisierte
Transplantationszentren außerhalb des Saarlandes verlegt worden,
darunter zwei Kinder nach Essen. Die genaue Zahl der Betroffenen
wollte die Klinik aus Gründen des Datenschutzes nicht nennen.

In Eilfällen wird europaweit nach einem passenden Spenderorgan
gesucht 

In derart eiligen Fällen (High Urgency/HU) wird nach Angaben der
Deutschen Leberstiftung im europäischen Raum mit oberster Priorität
nach geeigneten Spenderlebern gesucht. Dabei spielten etwa Größe oder
Blutgruppe eine Rolle, sagte der Hauptgeschäftsführer der Stiftung,
Markus Cornberg, der Deutschen Presse-Agentur. «Diese HU-Listung gilt
zunächst für zwei Wochen, in dieser Zeit wird meist ein Organ
gefunden.» Meistens erfolge eine Transplantation in solchen Eil-Fälle
bereits innerhalb von Stunden oder binnen zwei bis drei Tagen. 

Allerdings sei es bei Kindern schwieriger, eine geeignete Leber zu
finden. Das Problem sei oft die Größe des Organs. «Daher kann hier
die Wartezeit länger sein.» Der Experte erläuterte, man könne eine

Leber auch auf zwei Personen teilen, das werde «Split-Leber» genannt.
In einer High Urgency-Situation erwäge man das aber in der Regel
nicht gleich als erste Option. Man müsse dann auch gleichzeitig zwei
geeignete Empfänger-Kandidaten haben. 

Das Gift des Knollenblätterpilzes schädigt die Leberzellen

Schon sehr kleine Mengen des hochgiftigen Knollenblätterpilzes können
tödlich wirken, weil die Leber schwer geschädigt wird. Die
Universitätsmedizin Essen warnte eindringlich vor dem Verzehr selbst
gesammelter Pilze, da diese schnell zu verwechselnde, gefährliche
Arten wie den Knollenblätterpilz enthalten könnten.

Ohne die Leber geht nichts, sie ist das größte innere Organ des
Menschen und für die Entgiftung des Körpers zuständig. Ist die
Funktion gestört, wird der Körper mit Giftstoffen überschwemmt. Für

Patienten und Patientinnen mit Leberversagen ist eine
Lebertransplantation Experten zufolge oft die einzige Möglichkeit
einer lebensrettenden Behandlung.

Es gibt nicht genügend Spenderorgane 

Die Universitätsmedizin Essen gehört zu einem der wenigen
Lebertransplantationszentren in Deutschland. Der Direktor der Klinik
für Kinder- und Jugendmedizin II am Uniklinikum Essen, Lars Pape,
hatte am Dienstag geschildert, dass die Kinder bei Eurotransplant
über die Warteliste als «hochdringlich» gelistet seien. Das sei auch

weiterhin der aktuelle Sachstand, hieß es am Donnerstag im Klinikum. 

Zahlen weisen darauf hin, dass es nicht einfach ist, eine passende
Leber zu finden. Ungefähr 800 Lebertransplantation werden in
Deutschland nach Daten der Deutschen Stiftung Organtransplantation
(DSO) durchgeführt. So waren es im vergangenen Jahr 868 Fälle, 2022
waren es 748 Transplantationen und 2021 waren in 834 Fällen
Spenderlebern transplantiert worden. In seltenen Fällen - bundesweit
rund elf Prozent - aller Lebertransplantationen waren die Empfänger
unter 16 Jahre jung. 

Laut DSO warteten Ende 2023 fast 8.400 Personen auf ein Spenderorgan,
davon standen mehr als 6.500 Menschen auf der Warteliste für eine
Niere. Für alle Organe gelte: «Einige Erkrankte müssen wegen ihres
schlechten Gesundheitszustandes von der Warteliste genommen werden,
andere sterben, weil nicht rechtzeitig ein Organ zur Verfügung
steht.»

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