Mit KI den Schmerz bekämpfen - Kongress berät Möglichkeiten

Viele Menschen mit chronischen Schmerzen, wenig
Therapiemöglichkeiten. Inwiefern kann KI da weiterhelfen? Auf einem
Kongress diskutieren Medizinerinnen und Mediziner die Möglichkeiten.

Mannheim (dpa) - Von digitalen Schmerzkalendern bis hin zu Ablenkung
durch virtuelle Welten - bei der Schmerzbekämpfung setzen
Medizinerinnen und Mediziner zunehmend auf digitale Lösungen. Schon
jetzt werden diese Therapien bei Patienten mit chronischen Schmerzen
wie zum Beispiel Kopf- oder Rückenleiden eingesetzt. 

Künftig könnten technische Lösungen und auch Künstliche Intelligenz

die ganze Art und Weise revolutionieren, wie chronische Erkrankungen
behandelt werden, meinte Lars Neeb, Präsident der Deutschen Migräne-
und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), anlässlich des diesjährigen
Deutschen Schmerzkongresses in Mannheim.

Schnellere Gewissheit durch KI 

«KI-Technologien haben das Potenzial, Diagnosen schneller und genauer
zu stellen als Menschen es je könnten», so Kongresspräsidentin Dagny

Holle-Lee. Doch damit verbunden seien zentrale ethische Fragen wie:
«Wer trägt die Verantwortung, wenn eine durch KI gestützte Diagnose
falsch ist?» Die Antwort sei von entscheidender Bedeutung bei
Fehlentscheidungen oder Behandlungsfehlern. Auch müssten
Entscheidungsfindungen durch KI-Algorithmen nachvollziehbar sein. 

Zudem dürften Empathie und kommunikative Fürsorge nicht in den
Hintergrund treten, wenn Maschinen zunehmend klinische Entscheidungen
unterstützen, meinte Holle-Lee.

Mit der Scheinwelt den Schmerz überlisten 

Neeb zufolge können Patientinnen und Patienten schon jetzt mit
Virtual Reality (VR) in eine andere Realität eintauchen und dadurch
Schmerzen gezielt mindern. Die sogenannten Ablenkungstherapien hätten
sich bei Rückenschmerzen oder neuropathischen Beschwerden bewährt.
Studien zeigten, dass VR-Anwendungen das Schmerzempfinden reduzieren
könnten, indem das Gehirn in positive, stressfreie Szenarien entführt
werde.

Patienten sollen Körper besser verstehen 

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist laut Neeb die Kombination
von VR mit Biofeedback-Techniken, bei denen durch visuelle und
auditive Rückmeldungen gelernt wird, Körperspannung und Stresslevel
zu kontrollieren. Die Verbindung aus virtueller Realität und
Physiologie habe das Potenzial, Schmerzen langfristig zu verringern.
Auch werde Patientinnen und Patienten geholfen, ihre körperlichen
Reaktionen besser zu verstehen und zu steuern. 

Durch algorithmengestützte Programme könnten die behandelten Menschen
ihre Schmerzsymptome zudem dokumentieren, den Krankheitsverlauf
überwachen und gezielte Übungen gegen den Schmerz durchführen.

Zu wenig Hilfe für Schmerzpatienten 

Bei chronischen Schmerzen fehle es insbesondere im ambulanten Bereich
an einer guten Versorgungsstruktur, heißt es in einer Mitteilung zum
Kongress, der jedes Jahr von der Deutschen Schmerzgesellschaft und
der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft ausgerichtet wird.
Nur etwa jeder zwölfte Mensch mit chronischen Schmerzen erhält
demnach einen Behandlungsplatz mit ausreichender Fachkenntnis. 

Betroffene lebten oft jahrelang ohne Diagnose und damit ohne adäquate
Behandlung. Ein Grund für die unzureichende Versorgungssituation sei,
dass viele Medizinerinnen und Mediziner erst Jahre nach ihrer
Approbation mit dem wichtigen Fach Schmerzmedizin in Kontakt kommen.

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