Weniger Karies in Thüringen - und weniger Zahnärzte

Seit den 1990er Jahren ist Zahnprophylaxe im Kommen. Das macht sich
nun in den Thüringer Zahnarztpraxen bemerkbar.

Erfurt (dpa/th) - Die Menschen in Thüringen haben weniger Karies.
«Wir machen heute nur noch halb so viele Füllungen wie 1990», sagte
der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV)
Thüringen, Knut Karst, anlässlich des Thüringer Zahnärztetages.
Anfang der 1990er Jahre sei die individuelle Vorsorge aufgekommen.
Seither könne man einen Rückgang bei Karies beobachten. Auch Kronen
und Totalprothesen würden weniger eingesetzt.

Die Menschen gingen heute viel öfter zur Prophylaxe oder zur
Zahnreinigung, sagte er weiter. «Der Wandel findet statt. Es gibt
weniger invasive Zahnmedizin und dafür mehr präventive Ansätze.» Im

Jahr 2012 habe Zahnersatz noch elf Prozent der Ausgaben der
gesetzlichen Kassen ausgemacht. Heute seien es sechs Prozent. 

Dass die Menschen die Zähne nun länger behielten, sorge aber auch für

einen Anstieg bei Parodontitis. «Das ist die nächste Volkskrankheit»,

sagte er. Bei einer Parodontitis werden Gewebe und Knochen zerstört,
die für den Halt des Zahns nötig sind. 

Jeder dritte Zahnarzt älter als 60

Die Versorgungslage mit Zahnärzten sei aktuell noch ausreichend,
sagte Karst weiter. «Das Problem ist die Tendenz.» Zahlen der KZV
zufolge war Ende vergangenen Jahres jeder Dritte der 1.253
niedergelassenen Zahnärzte im Freistaat älter als 60 Jahre. Im Jahr
2023 hätten knapp 100 Zahnärzte ihre Praxis aufgegeben, es habe aber
nur 30 Niederlassungen gegeben. Damit müssten sich etwa 100.000
Menschen einen neuen Zahnarzt suchen, so Karst. «Das ist kein
einmaliges Problem, sondern das geht jedes Jahr so.» 

Generell sei es schon noch möglich, einen Zahnarzt in der Umgebung zu
finden. Andere Praxen kämen aber auch an ihre Grenzen, was sich auch
auf die Qualität der Betreuung niederschlagen könne, sagte Karst. Es
brauche daher einen Ausbau der Studienplätze für angehende Zahnärzte

an Thüringens einzigem Ausbildungsstandort Jena. 

Betreuung für Pflegebedürftige könnte schwieriger werden

Die sinkende Zahl der Zahnärzte könne sich künftig auch auf die
Betreuung von Bewohnern im Pflegeheim auswirken, sagte er weiter.
Aktuell stehe Thüringen hier im Bundesvergleich sehr gut da und viele
Zahnärzte kämen auch in die Heime, um dort Vorsorgen oder
Behandlungen durchzuführen. «Wenn eine Praxis jetzt aber mit
Schmerzpatienten oder mit Patienten, die keine Praxis finden,
geflutet wird, dann kann man überlegen, was passiert.» Denkbar sei,
dass Zahnärzte die Touren in Pflegeheime zunächst hinten anstellen. 


Problematischer als die Betreuung im Pflegeheim sei außerdem die
Betreuung von Menschen, die zu Hause gepflegt werden. «Da gibt es ein
Dunkelfeld», sagte Karst. In ein Pflegeheim zu fahren und 30
Vorsorgen zu machen, lasse sich organisatorisch und wirtschaftlich
einfacher darstellen, als in ländlichen Regionen eine Überlandtour
mit Hausbesuchen zu planen.

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