Sollen Ärzte in Preiskampf treten?

Soll beim Arzt bald viel stärker als heute der Preis zählen? Können
Versicherte Praxen künftig nach dem günstigsten Tarif aussuchen?
Nicht nur Experten wollen das System grundlegend ändern.

Berlin (dpa) - Patientinnen und Patienten sollen einem neuen
Vorschlag zufolge ihre Ärztin oder Arzt künftig auch nach
unterschiedlichen Preisen auswählen können. Der
CDU-Gesundheitsexperte Hermann Gröhe schreibt in einem neuen Papier
der Konrad-Adenauer-Stiftung, «ernsthafter als in der Vergangenheit»
müsse darüber nachgedacht werden, durch «Preissignale» das
Kostenbewusstsein aller Beteiligten zu stärken. 

Sozialexperte Jochen Pimpertz vom arbeitgebernahen Institut der
deutschen Wirtschaft (IW) macht sich in dem Papier dafür stark, dass
die gesetzlich Versicherten künftig zwischen Tarifen mit
unterschiedlichen Versorgungsmodellen wählen können. Derzeit gelten
einheitliche Honorarregeln für Ärztinnen und Ärzte sowie bei den
Krankenkassen in der Regel die gleichen Beiträge für jeweils alle
Mitglieder. Der «Tagesspiegel» berichtete zuerst über Pimpertz'
Vorschlag.

«So weitermachen wird nicht funktionieren»

«Es wird immer deutlicher, dass der demografische Wandel in eine
schwierige Phase hineinsteuert», sagte Pimpertz der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. «Zu glauben, man könne weitermachen wie
bisher oder allein nach zusätzlichen Finanzierungsquellen suchen, um
das heutige Gesundheitssystem länger am Leben zu erhalten, wird nicht
funktionieren.» 

So steigen die Krankenkassenbeiträge für Millionen Kassenmitglieder
im kommenden Jahr nach offizieller Prognose wohl deutlich an.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begründete die enorme
Steigerung unter anderem mit der Inflation und höheren Löhnen. Zudem
sei das Gesundheitssystem sehr ineffizient, sagte der SPD-Politiker
und warb für seine Krankenhausreform. IW-Forscher Pimpertz sagte mit
Blick auf die voraussichtlich in einem knappen Jahr stattfindende
Bundestagswahl: «Hier Antworten zu geben, ist die Aufgabe des
kommenden Bundesministers für Gesundheit.» 

Gröhe, der unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) selbst
Gesundheitsminister war, stellt allerdings klar, dass der
«solidarische Charakter unseres Gesundheitswesens» nicht infrage
gestellt werden solle. Auch Pimpertz betont, das Solidarprinzip sowie
das hohe Niveau der Medizin-Versorgung in Deutschland sollten
bleiben.

Was konkret vorgeschlagen wird

Konkret schlägt der IW-Forscher vor, dass die grundlegende Versorgung
solidarisch finanziert wird wie bisher - dass aber Wahlmöglichkeiten
bestehen, die mit unterschiedlichen Kosten für die Versicherten zu
Buche schlagen. Praxen und Krankenkassen sollten ihrerseits mehr
Freiheiten bekommen, untereinander Verträge zu machen. Damit sollten
sie auch über unterschiedliche Preise in einen Wettbewerb zueinander
treten.

Dazu passt ein Vorstoß von Josef Hecken in dem Papier. Hecken - seit
Jahrzehnten ein führender Akteur im deutschen Gesundheitswesen und
Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses - fordert einen
massiven Ausbau von Hausarztverträgen, also der hausarztzentrierten
Versorgung, wie sie vor allem in Baden-Württemberg weit verbreitet
ist. Heute kann man an so einem Modell freiwillig teilnehmen und
verpflichtet sich dann im Prinzip, zuerst zu seinem Hausarzt zu
gehen. Künftig, so schreibt Hecken, könne dies so verändert werden,
dass Versicherte, die nicht am Hausarztmodell teilnehmen wollen,
«über Beitragszuschläge den bisherigen Status quo für sich
aufrechterhalten» können.

Weniger Doppeluntersuchungen

Pimpertz kritisiert, dass bei den bestehenden Hausarztmodellen der
finanzielle Vorteil fehle: Für Versicherte komme die Teilnahme und
damit die Aufgabe der freien Arztwahl nicht günstiger. «Das erstickt
jeden Anreiz.» Laut Hecken scheitere hausarztzentrierte Versorgung
auch oft an Vorschriften bei der Genehmigung. 

«Dies führt im Ergebnis dazu, dass in der heutigen Versorgung
unnötige Patienten-Arzt-Kontakte stattfinden, Doppel- und
Dreifachuntersuchungen durchgeführt werden und bei manchen
Patientinnen oder Patienten das Phänomen des «Ärzte-Hoppings» zu
beobachten ist», bemängelt Hecken. «Dies führt zur Vergeudung
kostbarer personeller und finanzieller Ressourcen und ist auch ein
Grund für lange Wartezeiten vor allem auf Facharzttermine.» In
Baden-Württemberg zeige sich eindrucksvoll, dass eine verbindliche
Arztpraxiswahl die Wartezeit verkürzen, die Versorgungsqualität
verbessern und Ausgaben senken könne.

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