FDP-Fraktionschef auf Tiktok: Bundestag hat «Vibes»
Slay, Vibes, Gamechanger: Das klingt nicht nach den üblichen Vokabeln
des FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr. Ein neues Tiktok-Video
der Fraktion erntet neben Klicks auch Häme.
Berlin (dpa) - Die FDP-Fraktion hat mit einem Video auf Tiktok für
Aufsehen gesorgt. Darin gibt der Fraktionschef Christian Dürr eine
Tour durch den Bundestag - und verwendet ausnahmslos Jugendsprache
der Generation Z, also der in den späten 1990er- und frühen
2010er-Jahren Geborenen. Am Tag nach der Veröffentlichung wurde der
Clip bereits mehr als 20.000 Mal auf Tiktok angesehen. In den
Kommentaren gibt es allerdings auch viel Kritik.
Die Fraktion hält eine Präsenz auf Tiktok und ein humorvolles
Auftreten auf der Plattform für wichtig. «Tiktok wächst rasant,
insbesondere bei den Jüngeren», sagte ein Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion. «Wir sind als FDP-Fraktion davon überzeugt,
dass es Aufgabe der Politik ist, dorthin zu gehen, wo die Menschen
sind, um über die Arbeit der Fraktion zu informieren.»
Generation Z schreibt das Drehbuch
Das Video trägt den Titel «Gen Z wrote the script» (Die Generation Z
hat das Skript geschrieben). Damit beteiligen sie sich an einem
Social-Media-Trend, bei dem auch Unternehmen zuletzt mitmachten.
Dabei spricht meist eine Person, die nicht aus der Generation Z
stammt, und verwendet dabei den Slang der Jugend - eben, als hätte
ein junger Mitarbeiter oder eine junge Mitarbeiterin das Drehbuch
geschrieben.
So sagt Christian Dürr in der Bundestagskuppel etwa: «Hier wird
«delivered»», also hier wird abgeliefert. Über Christian Lindner
(FDP) sagt er: «Seine Reden, purer «slay».» Damit macht er dem
Bundesfinanzminister ein Kompliment. Als Dürr zeigt, wo er sich eine
Bockwurst holt und diese dann als «Gamechanger» nach einem langen Tag
bezeichnet, kann sich der Politiker das Lachen nicht verkneifen. Zum
Ende des 75-Sekunden-Clips betont er die wichtige Arbeit der
Abgeordneten und schließt mit: «Der Bundestag hat «Vibes»
(Schwingungen), man muss sie nur fühlen.»
Auch Lauterbach kommentiert Video
Das Video rief nicht nur Begeisterung hervor. In den Kommentaren auf
Tiktok wurde die Aktion mitunter als peinlich, beschämend und
lächerlich bezeichnet. Auf der Plattform X wurde das Video von
Dritten geteilt - meist mit negativem Tenor. Auch Gesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) teilte das Video auf X mit dem Kommentar: «Zum
Glück wird nur die gute Arbeit der Kollegen der FDP im Kabinett
gewürdigt.»
«Negative Kommentare oder Häme entstehen in der Regel dann, wenn
solche Tiktok-Videos ohne Kenntnis des dazugehörigen Tiktok-Trends
oder auf einem anderen Kanal geteilt werden - da fehlt dann natürlich
der Kontext», erklärte der Fraktionssprecher. «Jenseits dessen ist
aber natürlich auch klar, dass man nicht mit jedem Video immer einen
Nerv treffen kann.»
Soziale Medien nicht «politischen Rändern» überlassen
Teils wurde im Netz die Frage aufgeworfen, ob die Partei mit solchen
Videos dem Erfolg der AfD auf Tiktok nacheifere. Die FDP-Fraktion im
Bundestag hat rund 38.000 Abonnenten auf ihrem Tiktok-Kanal, bei der
AfD-Fraktion sind es derzeit rund 482.000.
«Man darf die sozialen Medien nicht den Verschwörungstheoretikern und
politischen Rändern überlassen, sondern muss gerade auch in diesen
digitalen Räumen über die Funktionsweise eines Parlaments als
Herzkammer der Demokratie aufklären», sagte der Fraktionssprecher.
«Das wiederum kann nur gelingen, wenn man - neben der notwendigen
Ernsthaftigkeit für politische Themen - auch mal mit einem
Augenzwinkern auf das reagiert, was in Sachen Trends uns Humor gerade
auf der Plattform passiert.» Es brauche eine gewisse
Experimentierfreude.
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