Was zur aktuellen Corona-Saison wichtig ist
Viele Menschen sind derzeit krank. Auch Corona geht wieder um. Welche
Varianten gibt es - und wie gefährlich ist eine Infektion noch? Die
wichtigsten Antworten zur aktuellen Herbstwelle.
Berlin (dpa) - So gut wie jeder kennt jemanden, der gerade krank im
Bett liegt. Nicht wenige haben einen positiven Corona-Test. Die
aktuelle Lage im Überblick.
Wie viele Menschen haben derzeit Corona?
Vergangene Woche lag die geschätzte Zahl der Corona-Erkrankungen nach
Angaben des Robert Koch-Instituts bei 900 pro 100.000 Einwohner.
Insgesamt wurden dem RKI in der Woche vom 14. Oktober bislang 11.580
laborbestätigte Corona-Fälle gemeldet.
Die Zahl aller akuten Atemwegserkrankungen in Deutschland lag demnach
auf einem für die Jahreszeit vergleichsweise hohen Niveau. Das RKI
geht von rund 6,9 Millionen Betroffenen aus. Proben aus Arztpraxen
wiesen am häufigsten Rhinoviren (29 Prozent), also die klassischen
Erkältungsviren, und Coronaviren (19 Prozent) auf.
Ist die hohe Zahl an Atemwegserkrankungen ungewöhnlich?
«Wenn man sich die Zeit vor Corona als Referenz nimmt, ist es schon
ungewöhnlich. Da waren die Zahlen immer deutlich geringer», sagt der
Dortmunder Immunologe Carsten Watzl der Deutschen Presse-Agentur. Das
habe sich in den letzten zwei Jahren verändert.
Inzwischen litten in Herbst und Winter rund 10 Prozent der
Bevölkerung an einer Atemwegserkrankung. «Das hängt sicherlich auch
damit zusammen, dass wir jetzt mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 einen
weiteren Atemwegserreger haben», erklärt der Wissenschaftler. «Von
daher gehe ich davon aus, dass wir uns auch in den nächsten Jahren
auf so hohe Infektionszahlen, gerade zu dieser Jahreszeit, einstellen
müssen.»
Wie wirkt sich das auf Arbeitsausfälle aus?
Seit der Corona-Pandemie sind Erwerbstätige deutlich öfter krank, wie
eine Sprecherin der Techniker Krankenkasse (TK) mitteilte. Grund sei
die deutliche Zunahme von Erkältungsdiagnosen, dazu zählten in der
Auswertung auch Corona-Infektionen. Im ersten Halbjahr 2024 seien
erwerbstätige TK-Versicherte im Schnitt 2,3 Tage wegen einer
Erkältungsdiagnose krankgeschrieben gewesen. Im Jahr 2019, vor der
Pandemie, seien es durchschnittlich 1,4 Tage gewesen.
Auch bei Barmer-Versicherten ist die Zahl der Krankschreibungen im
Zusammenhang mit einer Atemwegsinfektion und speziell auch wegen
einer Corona-Infektion in den vergangenen Jahren gestiegen, wie Daten
zur Arbeitsunfähigkeit zeigen. Ende September 2024 waren von 1.000
Barmer-Versicherten mit Krankengeldanspruch im Schnitt 29,5 Menschen
wegen einer Atemwegserkrankung krankgeschrieben. 2019 waren es im
gleichen Zeitraum nur rund 13,6.
Woran merke ich, dass ich Corona habe?
Eine Erkrankung kann bei jedem Menschen unterschiedliche Symptome
auslösen, erklärt Watzl. Für manche fühle es sich wie eine normale
Erkältung oder ein Schnupfen an. Andere könnten schwerer erkranken.
Manche Menschen bekommen Fieber oder Atemnot. Selbst dann ist es laut
dem Immunologen schwer zu sagen, ob es Corona oder eine Grippe ist.
Ein eindeutiges Anzeichen sei ein Geruchs- oder Geschmacksverlust.
Das sei aber sehr selten geworden. Um sicherzugehen, helfe oft nur
ein Corona-Test.
Welche Varianten sind derzeit vorherrschend?
Seit einigen Wochen verbreitet sich die Corona-Variante XEC in
Deutschland. RKI-Daten zufolge wurde sie zuletzt mit einem Anteil von
39 Prozent nachgewiesen. Häufigster Corona-Typ war demnach die
Sublinie KP.3.1.1, deren Anteil bei 40 Prozent lag. Beides sind
Sublinien der Omikron-Variante und scheinen sich laut
Wissenschaftlern schneller zu verbreiten als vorherige
Sars-CoV-2-Linien. Das ist nicht ungewöhnlich, wie die Virologin
Sandra Ciesek der dpa kürzlich sagte. Das Virus mutiere weiter und
suche immer neue Wege, um Menschen zu infizieren.
Die Omikron-Varianten vermehren sich laut Watzl vor allem in den
oberen Atemwegen und können sich dadurch schneller verbreiten.
Außerdem könnten die Varianten die bestehende Immunität in der
Bevölkerung leichter umgehen. Die Varianten seien aber noch lange
nicht so ansteckend wie etwa die Masern.
Ist XEC gefährlicher?
Sowohl das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle
von Krankheiten (ECDC) als auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
schätzten das Risiko für die öffentliche Gesundheit weiterhin als
gering ein, hieß es vom RKI. Das heißt: Die Variante verursacht
gewöhnlich keine besonders schweren Krankheitsverläufe.
Die XEC-Variante scheint auch nicht spezielle Symptome auszulösen.
«Anhand individueller Covid-Beschwerden auf die Sublinie
rückschließen zu können, halte ich für extrem schwierig», erklä
rte
Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und
Epidemiologie (BIPS) vor einigen Tagen. Dazu seien die Covid-Symptome
zu vielfältig.
Wie gefährlich ist eine Corona-Infektion?
«Für die allermeisten Menschen ist eine Corona-Infektion zum jetzigen
Zeitpunkt vielleicht lästig und unangenehm, aber nicht mehr so
bedrohlich für die Gesundheit, dass man damit ins Krankenhaus
müsste», meint Watzl. Von einer schweren Erkrankung sind vor allem
Menschen über 60 betroffen. Laut RKI gibt es inzwischen aber deutlich
weniger schwere Verläufe und Langzeitfolgen als noch in den Jahren
2020 und 2021.
Todesfälle gibt es laut Watzl nach wie vor, ähnlich wie bei der
Grippe oder dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV). Die Zahlen
seien aber deutlich geringer als in Pandemie-Zeiten. In der aktuellen
Saison wurden an das RKI bislang 193 Todesfälle mit Corona-Infektion
übermittelt. Betroffen sind laut Watzl meistens Menschen, die wegen
einer Vorerkrankung oder einer Organtransplantation ein sehr
schwaches Immunsystem haben.
Wie sollte man sich und andere schützen?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Menschen ab 60 Jahren
und Erwachsenen mit Grunderkrankungen, sich im Herbst eine
Auffrischungsimpfung zu holen. Leider habe das Risikobewusstsein
deutlich nachgelassen, die Impfquote sei niedrig, sagt Watzl.
«Auch wenn wir für den größeren Teil der Bevölkerung Entwarnung g
eben
können, gibt es immer noch einen Teil, den wir schützen müssen. Wir
sollten nicht aufhören, das den Leuten zu sagen und sie zu ermuntern,
sich impfen zu lassen.»
Zum eigenen Schutz und dem von anderen seien außerdem das freiwillige
Tragen von Atemschutzmasken und Abstandhalten weiterhin sehr
effektiv. «Das könnte auch helfen, die hohen Infektionszahlen ein
bisschen niedriger zu halten.»
Was ist für diese Saison zu erwarten?
Watzl rechnet damit, dass die Zahlen bis Weihnachten weiter ansteigen
werden. «Wir werden auch auf den Intensivstationen wieder mehr Fälle
von schweren Erkrankungen haben. Das sind meistens die hochbetagten
Vorerkrankten.» Zum Jahreswechsel werde sich die Lage voraussichtlich
beruhigen, so sei es zumindest in den vergangenen Jahren gewesen.
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