Nutzung von Gesundheitsdaten - Boehringer beklagt langsame Umsetzung
Dank eines neuen Gesetzes sollen deutsche Gesundheitsdaten besser von
der Pharmabranche genutzt werden können. Das sei grundsätzlich gut,
sagt der Deutschlandchef von Boehringer Ingelheim und setzt ein
«aber» dahinter.
Biberach (dpa/lrs) - Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim sieht
Fortschritte bei den Regelungen zur Nutzung von Gesundheitsdaten etwa
für klinische Studien in Deutschland, bemängelt aber eine schleppende
Umsetzung eines neuen Gesetzes. Das im März dieses Jahres in Kraft
getretene Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten sei
wichtig und richtig, sagte Deutschlandchef Fridtjof Traulsen in
Biberach, dem wichtigsten Forschungsstandort des Unternehmens. Noch
gebe es aber keinen Zugang zu den Daten. Erste Anträge für eine
Nutzung seien voraussichtlich erst ab Frühjahr 2025 möglich.
Das Gesetz allein werde Deutschland als Standort nicht zurück in eine
absolute Spitzenposition bringen, sagte Traulsen. Damit würden
Möglichkeiten geschaffen, die es in Ländern wie Großbritannien oder
Dänemark sowie dem Baltikum schon seit Jahren gebe.
Verbesserungsbedarf sieht er beim Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz
(Amnog) in Deutschland. Das reguliert grob gesagt die Preise für
neue, patentgeschützte Medikamente. Das geltende Gesetz sei 15 Jahre
alt und bilde nicht mehr den Stand der Wissenschaft ab, sagte der
Boehringer-Deutschlandchef. Ein Fokus werde auf große
Kohortenvergleiche gelegt, bei der Bewertung des Nutzens eines
Präparats spielen also große Personengruppen eine zentrale Rolle. Das
passe nicht mehr unbedingt in die heutige Zeit mit teils sehr
individualisierten Therapieansätzen, sagte Traulsen. Es brauche eine
Reform.
Traulsen ging auch auf die derzeit viel diskutierten Engpässe bei
manchen Medikamenten ein. Dieses Problem betreffe jedoch kaum neue,
patentgeschützte Präparate, sondern vielmehr patentfreie Medikamente.
Die Preise für generische Arzneimittel seien stark gesunken, sagte
Traulsen. Angesichts dessen gebe es in Europa kaum noch
Generika-Hersteller, weil sich Rabattverträge kaum noch erfüllen
ließen. Es müsse verhindert werden, dass solche Probleme auch bei
innovativen Arzneimitteln geschaffen würden.
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