Krankenkassen: Wenig Widerspruch gegen E-Patientenakte
Rund 75 Millionen gesetzlich Versicherte erhalten bald automatisch
eine elektronische Patientenakte. Wer das nicht will, muss
Widerspruch einlegen. Das tun bisher nur wenige.
Berlin (dpa) - Die bevorstehende flächendeckende Einführung der
elektronischen Patientenakte stößt bisher kaum auf Widerstand bei den
75 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. Wie eine Abfrage der
Deutschen Presse-Agentur bei den größten deutschen Versicherern AOK,
Techniker, Barmer und DAK mit insgesamt mehr als 50 Millionen
Versicherten ergab, hat bisher nur ein geringer Anteil Widerspruch
gegen das geplante automatische Anlegen einer E-Patientenakte
eingelegt.
Seit dem Sommer läuft eine Informationskampagne der Kassen. Alle
Versicherten werden schriftlich auf die Einführung der
E-Patientenakte (ePA) für alle im Januar und die Möglichkeit
hingewiesen, gegen ihre Einrichtung Widerspruch einzulegen.
Widerspruch im «niedrigen einstelligen Prozentbereich»
Bis Ende September sei der Anteil der rund 27 Millionen
AOK-Versicherten, die Widerspruch einlegten, mit einem Prozent sehr
gering ausgefallen, teilte ein Sprecher des AOK-Bundesverbands mit.
Eine Sprecherin der Techniker Krankenkasse (11,7 Millionen
Versicherte) sagte, die Widerspruchsquote bei der TK liege bisher im
niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Die Barmer (8,6 Millionen Versicherte) hat nach eigenen Angaben
mittlerweile fast 90 Prozent ihrer Versicherten angeschrieben. «Uns
haben nur wenige Widersprüche erreicht», sagte ein Sprecher. Die
Widerspruchsquote liege deutlich unter den von der Bundesregierung
erwarteten 20 Prozent. Eine konkrete Zahl könne man erst zum Ende der
Informationskampagne im Januar nennen.
Die DAK-Gesundheit meldet nach Anschreiben fast aller ihrer 5,5
Millionen Versicherten eine Widerspruchsquote von rund einem Prozent.
«Diese geringe Quote bestätigt uns darin, dass unsere Versicherten
sich gut informiert fühlen und die Vorteile der ePA für alle
erkennen», sagte Franz-Helmut Gerhards, bei der DAK für die
Digitalisierungsstrategie verantwortlich.
GKV-Spitzenverband: Digitalisierung mehr als überfällig
Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen
Krankenkassen (GKV), Doris Pfeiffer, sprach mit Blick auf die
Rückmeldungen der ersten Wochen der Informationskampagne von einem
sehr guten Zwischenergebnis, «denn es zeigt, dass die Menschen
Vertrauen in unser Gesundheitswesen haben». Die elektronische
Patientenakte sei «eine große Chance, die Versorgung der Menschen
nachhaltig zu verbessern», sagte sie.
Testbetrieb ab 15. Januar
Als wählbares Angebot, um das sich Versicherte selbst kümmern müssen,
waren E-Akten bereits 2021 eingeführt worden. Sie werden bisher aber
kaum verwendet. Nun wird das Prinzip nach einem Gesetz der
Ampel-Koalition umgekehrt: Ab dem 15. Januar sind die Kassen
verpflichtet, für alle gesetzlich Versicherten eine E-Akte
bereitzustellen, außer für die, die dem zuvor widersprochen haben. Ab
Mitte Januar soll es dann zunächst in zwei Modellregionen (Franken
und Hamburg) Tests im Praxisbetrieb geben, ab Anfang März ist laut
Gesundheitsministerium die deutschlandweite Nutzung der
E-Patientenakte vorgesehen. Von Datenschützern wird die
Widerspruchslösung kritisiert.
Befunde, Medikamente, Laborwerte per App immer abrufbar
Die Akte soll ein digitaler Speicher etwa für Angaben zu
Medikamenten, für Befunde und Laborwerte sein und Patienten ein Leben
lang begleiten. Die Versicherten können selbst Dokumente dort
einfügen, Ärzte müssen Daten aus aktuellen Behandlungen einstellen.
Die sich so langsam füllende E-Akte soll künftig etwa bei einem
Arztwechsel oder Umzug helfen oder auch in Notfällen, wenn Mediziner
dadurch schneller Informationen zur Krankengeschichte oder zum
Medikamentenplan eines Patienten bekommen.
Die Versicherten haben über eine App ihrer Krankenkasse Zugriff auf
die E-Akte und steuern dort, welche Dokumente einsehbar sind. Sie
können nach Angaben von Gesundheitsministerium und Krankenkassen
Dokumente sperren und auch wieder löschen oder auch die ganze Akte
später wieder löschen lassen.
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