Gesundheit zunehmend durch Klimawandel beeinträchtigt

Dürre vernichtet Ernten. Hitze macht das Arbeiten draußen unmöglich.

Tödliche Erreger erobern neue Gebiete. Solche Klimawandel-Folgen
nehmen zu, warnt ein Bericht. Getan werde dagegen viel zu wenig.

London (dpa) - Der Klimawandel beeinträchtigt weltweit immer stärker
die menschliche Gesundheit. Die Zahl aufgrund hoher Temperaturen
verlorener Schlafstunden zum Beispiel stieg vom Zeitraum 1986 bis
2005 bis zum Zeitraum 2019 bis 2023 um fünf Prozent, wie ein
Forschungsteam im Fachmagazin «The Lancet» berichtet. Schlafmangel
kann kurzfristig zu Konzentrations- und Gedächtnisproblemen führen,
chronischer Schlafmangel das Risiko unter anderem für Diabetes,
Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

Dürren und Hitzewellen haben dem Report zufolge dazu geführt, dass im
Mittel 2022 in 124 untersuchten Ländern 151 Millionen Menschen mehr
von mäßiger oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen waren als

im Zeitraum von 1981 bis 2010.

Wetterextreme schaden Menschen

Fast die Hälfte der globalen Landfläche (48 Prozent) erlebte im
vergangenen Jahr mindestens einen Monat extremer Dürre. Das sind -
betrachtet seit etwa 1950 - lediglich zwei Prozent weniger als beim
bisherigen Rekordwert von 2020. Vermehrt auftretende extreme
Regenfälle und Wirbelstürme führten zu Überschwemmungen,
Infektionskrankheiten und Wasserverschmutzung, heißt es zudem im
«Lancet Countdown on Health and Climate Change».

Eine weitere durch den Klimawandel begünstigte Gefahr ist demnach die
Übertragung potenziell tödlicher Infektionskrankheiten wie
Denguefieber, Malaria, West-Nil-Fieber und Vibrionen-Infektionen.
Durch höhere Temperaturen in gemäßigten Breiten seien immer mehr
Menschen in zuvor nicht betroffenen Gebieten dem Risiko einer
Übertragung ausgesetzt.

Bemühungen reichen bei weitem nicht

Das aus mehr als 120 Expertinnen und Experten bestehende Team um
Marina Romanello vom Institute for Global Health des University
College London hat für den Report im Vorfeld der 29.
Weltklimakonferenz (COP29) im November in Baku (Aserbaidschan)
zahlreiche Studienergebnisse und Klimadaten zusammengetragen.

«Der diesjährige Report deckt nicht nur die Unzulänglichkeit der
bisherigen Anpassungsbemühungen auf, sondern zeigt auch eine Welt,
die von dem Ziel, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen,
abweicht», schreibt die Gruppe. «Kein Mensch und keine
Volkswirtschaft auf diesem Planeten ist immun gegen die
gesundheitlichen Gefahren des Klimawandels», warnte Romanello.

Folgen für die Wirtschaft

Berechnungen von Forschenden zufolge konnten 2023 wegen zu großer
Hitze 512 Milliarden Arbeitsstunden nicht geleistet werden, was für
viele Arbeitnehmer auch einen Verdienstausfall bedeutete. Das traf
insbesondere Menschen in armen Ländern: Dort machten die nicht
geleisteten Arbeitsstunden 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) aus - in reichen Ländern waren es nur 0,5 Prozent.

Die durchschnittlichen jährlichen wirtschaftlichen Verluste durch
wetterbedingte Extremereignisse stiegen dem Bericht zufolge von 2014
bis 2023 um fast ein Viertel (23 Prozent) auf 227 Milliarden
US-Dollar.

Immer mehr Probleme auch in Deutschland

Der Bericht enthält auch Daten zur Situation in Deutschland. Die
jährliche Anzahl der Stunden, in denen die Umgebungstemperatur ein
mittleres oder höheres Risiko für Hitzestress bei leichter
körperlicher Betätigung im Freien darstellte, lag demnach im Zeitraum
von 2014 bis 2023 fast doppelt so hoch wie im Zeitraum von 1990 bis
1999.

Im vergangenen Jahrzehnt war die Bevölkerung durchschnittlich acht
Hitzetagen pro Jahr ausgesetzt, wobei der Osten Deutschlands
tendenziell stärker betroffen war, wie es weiter heißt. Betont wird
zudem der Beitrag bestimmter Ernährungsweisen und der Nutzung
fossiler Brennstoffe zu Treibhausgasemissionen sowie Krankheiten und
Todesfällen.

Es wird weiter in Fossiles investiert

Die Autoren und Autorinnen des Berichts kritisieren, dass durch
anhaltende Investitionen in fossile Brennstoffe, den weiter hohen
Ausstoß an Treibhausgasen und Verzögerungen bei der Anpassung an den
Klimawandel die Risiken für die Menschen weltweit weiter steigen.

Noch immer gäben Regierungen und Unternehmen Billionen Dollar für
Subventionen und Investitionen in fossile Brennstoffe aus, die den
Klimawandel verschlimmerten. Dieses Geld müsse in erneuerbare
Energien sowie Aktivitäten umgeleitet werden, die der Gesundheit, dem
Lebensunterhalt und dem Wohlbefinden der Menschen zugutekommen.

Derzeit seien die Möglichkeiten für Klimaschutzmaßnahmen durch den
Mangel an Finanzmitteln oft stark eingeschränkt, während 2023 immer
noch fast 37 Prozent der weltweiten Energieinvestitionen in fossile
Brennstoffe geflossen seien. In vielen Ländern überstiegen die
Subventionen die nationalen Gesundheitsausgaben bei weitem.

«Öl- und Gasunternehmen - unterstützt von vielen Regierungen und dem

globalen Finanzsystem - verstärken weiterhin die Abhängigkeit der
Welt von fossilen Brennstoffen», sagte die Mitautorin Stella
Hartinger von der Universidad Peruana Cayetano Heredia. Gesundheit
und Überleben von Millionen Menschen würden aufs Spiel gesetzt.

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