Stadt ersetzt Dealer: Hannover will Cannabis legal abgeben Von Christina Sticht, dpa
Oberbürgermeister Onay hat ein Modellprojekt vorgestellt, das
Erkenntnisse über den Umgang mit Cannabis liefern soll. Ziel ist, den
Jugendschutz zu verbessern und den Schwarzmarkt einzudämmen.
Hannover (dpa/lni) - An bis zu drei Verkaufsstellen im Stadtgebiet
will Hannover vom kommenden Jahr an Cannabis abgeben. Allerdings
können sich dort nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines
Modellprojekts legal mit THC-haltigen Produkten wie Haschisch oder
Cannabisblüten eindecken - und auch nur in den gesetzlich erlaubten
Mengen. Die wissenschaftlich begleitete Studie soll Aufschluss über
das Konsumverhalten, die Auswirkungen auf den Gesundheits- und
Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt geben.
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte, dass die
Erkenntnisse aus der Studie in künftige politische Entscheidungen
einfließen werden. Kooperationspartner sind die Stadt Frankfurt und
die Sanity Group GmbH, die ein vergleichbares Modellprojekt in der
Schweiz organisiert.
Bundesweit erstes Modellprojekt dieser Art
Nach Angaben der Stadt Hannover handelt es sich um das bundesweit
erste Modellprojekt dieser Art. Die voraussichtlich etwa 4.000
Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen über 18 Jahre alt sein und
ihren Wohnsitz in Hannover haben. Ein Forscherteam der Medizinischen
Hochschule Hannover (MHH) wird sie regelmäßig befragen. Eine
Weitergabe von gekauften Produkten an Dritte führe zu einem
sofortigen Ausschluss, hieß es.
Schon seit dem 1. April dürfen Erwachsene in Deutschland im Zuge der
Cannabis-Teillegalisierung bis zu 25 Gramm Cannabis in der
Öffentlichkeit mitführen und maximal 50 Gramm zu Hause aufbewahren.
In Privatwohnungen dürfen bis zu drei Pflanzen gleichzeitig angebaut
werden. Verboten ist der Konsum unter anderem in Gegenwart von
Minderjährigen, in Schulen, auf Spielplätzen und in Sportstätten.
Seit dem 1. Juli können Cannabis-Anbauvereine für den
gemeinschaftlichen Anbau und die Weitergabe ihre Zulassung
beantragen. Mitglieder, die mindestens 21 Jahre alt sind, erhalten
höchstens 25 Gramm Cannabis pro Tag und höchstens 50 Gramm Cannabis
pro Monat zum Eigenkonsum.
Club aus Ganderkesee bei der Ernte vorn
Die erste Erlaubnis in Niedersachsen wurde am 8. Juli an einen Verein
in Ganderkesee im Landkreis Oldenburg übergeben. Der Cannabis Social
Club Ganderkesee erntete kürzlich bereits etwa die Hälfte seiner 400
Pflanzen. Nach dem Trocknen wird das Cannabis in Beutel verpackt und
nach Angaben des Vereins ab Anfang November an die Mitglieder
ausgegeben.
Vor zwei Wochen waren der Bundesdrogenbeauftragten keine anderen
Anbauvereine in Deutschland bekannt, die bereits mit der Ernte
begonnen hatten. Allerdings, so betonte die in Niedersachsen
zuständige Landwirtschaftskammer, bestehe keine Pflicht, den
Zeitpunkt der Ernte zu melden.
Verunreinigtes Cannabis gefunden
Die Teil-Legalisierung von Cannabis hat unter anderem das Ziel, den
Konsumenten saubere Produkte anzubieten. Das Cannabis-Unternehmen
Sanity Group, Projektpartner in Frankfurt und Hannover, stellte am
Mittwoch die Ergebnisse einer Stichproben-Erhebung in 30 deutschen
Städten auf dem Schwarzmarkt vor. Projektleiter Leonard Friedrich
sagte: «Die
Ergebnisse dieser Analysen untermauern deutlich, wie dringend der
politische
Handlungsbedarf wirklich ist. In Proben aus Hannover wurden
beispielsweise Spuren
von in der EU verbotenen Pestiziden sowie von Kokain gefunden.»
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