Blutplasma-Spender dringend gesucht - und neue Anreize Von Susanne Kupke, dpa

«Blut ist ein ganz besondrer Saft» - das wusste schon Goethes
Mephisto. Auch Bestandteile können Leben retten. Blutplasma etwa ist
zunehmend gefragt. Doch wie animiert man Spender?

Karlsruhe (dpa/lsw) - Vom Immundefekt über die Bluterkrankheit bis zu
Krebs - viele Tausend chronisch kranke Menschen sind in Deutschland
auf Medikamente angewiesen, die aus Blutplasma hergestellt werden.
Doch auch nach Unfällen oder bei Operationen wird Plasma benötigt.
Weltweit besteht dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) zufolge ein großer
Mangel. In privaten Spenderzentren wie dem neu eröffneten CSL Plasma
Center Karlsruhe erhalten Spender eine Aufwandsentschädigung. Das
halten Experten für gerechtfertigt. Mit Geld zum Spenden motivieren
will aber niemand. Dafür gibt es gute Gründe.

Wie geht Plasmaspenden?

Plasma ist der flüssige Bestandteil des Blutes. Es besteht zu 90
Prozent aus Wasser und übernimmt als Transport- und Speichermedium im
Körper lebenswichtige Aufgaben. Im Gegensatz zur normalen Blutspende
zerlegt beim Plasmaspenden ein spezielles Gerät das Blut in
Komponenten. Nicht benötigte Bestandteile (Erythrozyten, Leukozyten,
Thrombozyten) werden dem Spender wieder zugeführt - nur das Plasma,
eine gelbliche Flüssigkeit, wird entnommen. Je nach Körpergewicht
sind das laut DRK zwischen 650 und 850 Milliliter.

Da feste Blutbestandteile in den Blutkreislauf zurückgehen, müssen
nicht so lange Abstände zur nächsten Spende eingehalten werden wie
bei der Vollblutspende. Nach Angaben des DRK-Blutspendedienstes sind
bis zu 60 Plasmaspenden pro Jahr möglich. Die Plasmaentnahme ist
wegen der Trennung aufwendig und dauert in der Regel zwischen 30 und
45 Minuten. 

Wofür braucht man Blutplasma?

Plasma sei für Medikamente bei chronischen Erkrankungen,
Immundefekten oder bestimmten Autoimmunerkrankungen von großer
Bedeutung, so das baden-württembergische Gesundheitsministerium. Es
werde nicht nur zur Behandlung der sogenannten Bluterkrankheit
(Hämophilie) oder zur Rhesusprophylaxe eingesetzt, erläutert
Professor Richard Schäfer, der Ärztliche Leiter Transfusionsmedizin
am Universitätsklinikum Freiburg. Plasma werde in Kliniken bei vielen
Eingriffen auch gebraucht, um bei starkem Blutverlust oder
Verbrennungen den Blutdruck aufrechtzuerhalten.

«Nahezu jeder Mensch benötigt in seinem Leben Medikamente, die aus
Blutplasma hergestellt wird», heißt es auch aus dem Klinikum
Stuttgart. Auf Plasmaspenden angewiesen seien Patienten bei
langwierigen Chemotherapien und Stammzellentransplantationen. Aber
auch in der Herz- und Unfallchirurgie oder der Orthopädie werden
Spenden benötigt.

Wie ist die Situation?

Blut und Blutprodukte sind unverzichtbar in der medizinischen
Versorgung. Doch nur 3,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in
Deutschland spendet nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI)
regelmäßig Blut. Rund ein Drittel könnte das aber grundsätzlich tun
.
Das bei der Vollblutspende entnommene Plasma kann nicht den
notwendigen Bedarf decken. Dringend gebraucht werden dem DRK-Sprecher
Patric Nohe zufolge daher auch Plasmaspender. Doch davon gibt es noch
zu wenige.

Die alternde Bevölkerung bereitet dem Arbeitskreis Blut beim
Bundesgesundheitsministeriums zusätzliche Sorgen. 55 Prozent der
regelmäßigen Vollblutspender sind demnach über 45 Jahre. Zudem sank
der Erstspenderanteil in den vergangenen zehn Jahren vor allem bei
jungen Erwachsenen. «Das stellt die stabile Versorgung mit Blut- und
Blutprodukten zukünftig vor besondere Herausforderungen», so die
Experten.

Wo wird gespendet?

Blut und Plasma wird durch Spendedienste des DRK, in Kliniken und von
privaten Diensten gewonnen. Ein wichtiges Standbein für Plasma sind
Unternehmen wie CSL, das Mitte Oktober in Karlsruhe das 15. Plasma
Center in Deutschland eröffnet hat. Allein in Baden-Württemberg gibt
es dem Ministerium zufolge derzeit vier Unternehmen, die Blutplasma
weiterverarbeiten. Die Versorgungsstruktur habe sich bewährt, so
Kliniken und DRK. 

Blutspendedienste allein können den Bedarf weltweit an Plasma nicht
decken. Das bei rund 35.000 Blutspenden jährlich gewonnene Plasma am
Klinikum Stuttgart wird meist zur Versorgung der eigenen Patienten
gebraucht. Deshalb sind zusätzlich private Plasma-Zentren nötig.

Wie ist der Bedarf?

Laut CSL Plasma benötigt allein ein Patient mit Immundefekt etwa 130
Plasmaspenden pro Jahr, ein Hämophilie-Patient 1.200. Nach Schätzung
des Unternehmens sind rund 20.000 chronisch kranke Menschen in
Deutschland auf Medikamente angewiesen, die aus Blutplasma
hergestellt werden. Der Bedarf nehme stetig zu. 

Allein am Städtischen Klinikum Karlsruhe werden täglich etwa 10 bis
20 Patienten mit aus Plasma gewonnenen Medikamenten behandelt.
«Global besteht zurzeit ein großer Mangel an Plasma, daher ist jeder
Tropfen eine Hilfe für kranke Patientinnen und Patienten in
Deutschland und auf der ganzen Welt», sagt Nohe vom
DRK-Blutspendedienst. 

Werden Spenden vergütet?

Nach dem Transfusionsgesetz soll die Spendeentnahme «unentgeltlich»
erfolgen. Eine Entschädigung kann demnach gleichwohl gewährt werden -
je nach Aufwand und Spendeart. Beim Klinikum Stuttgart erhalten
Spender so Fahrtkostenersatz, beim DRK eine kleine Mahlzeit. Weil
eine Plasmaspende länger dauert, gibt es dabei eine
Aufwandsentschädigung. Bei CSL liegt diese bei einer Abgabemenge von
750 Millilitern bei 24 Euro. 

Warum werden Spender nicht mit Geld motiviert?

Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit soll nach Angaben des
Gesundheitsministeriums gewährleisten, dass der menschliche Körper
und seine Bestandteile nicht zum Handelsobjekt werden. Dieser
europaweite ethische Grundsatz sollte aus Sicht der
DRK-Blutspendedienste auch bleiben. Monetäre Anreize könnten dazu
führen, dass falsche Angaben im Anamnesebogen gemacht werden. Das
könnte Qualitätsstandards und auch die Gesundheit der Spender
gefährden. 

Welche Anreize sind möglich?

Land und Bund setzen angesichts des demografischen Wandels bereits
auf mehr Öffentlichkeitsarbeit. Es müsse ein Verständnis der Spende
als gesamtgesellschaftliche Aufgabe etabliert werden. Für den
Arbeitskreis Blut wären zudem nicht-materielle Anreize denkbar wie
ein Gesundheitscheck oder Auszeichnungen für eine bestimmte Anzahl an
Spenden. 

Was speziell die Plasmaspende angeht, sieht man bei CSL die
Herausforderung, diese bekannter zu machen. «Grundsätzlich kommt
jeder gesunde Mensch ab 18 Jahren dafür infrage.» Ob Vollblut- oder
Plasmaspende - DRK-Experte Nohe hofft auf Solidarität und Einsicht:
«Jeder könnte schnell auf die Spende eines anderen Menschen
angewiesen sein.»

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