Nächste Schritte zur Reform der Ethikkommissionen erst 2025

Die Pharmaindustrie drängt, Fachleute warnen: Bei der
Ethikkommission-Reform prallen wirtschaftliche Interessen und
Sicherheitsbedenken aufeinander. Daher sollen sich viele an der
Debatte beteiligen.

Stuttgart (dpa/lsw) - Die angedachte und umstrittene Reform der
Ethikkommissionen in Baden-Württemberg zieht sich mindestens bis ins
nächste Jahr. Voraussichtlich Mitte 2025 sollen nach Auskunft des
Wissenschaftsministeriums in Stuttgart Ergebnisse einer Diskussion
und Informationen zum weiteren Vorgehen vorgelegt werden. 

Große Beteiligung an Diskussion

Ein Vorschlag aus dem Forum Gesundheitsstandort BW sieht vor, eine
übergreifende Ethikkommission mit landesweiter Zuständigkeit zu
etablieren. Bisher gibt es sechs solcher Gremien im Südwesten: je
eine Ethikkommission an den Uniklinik-Standorten in Ulm, Freiburg,
Heidelberg, Mannheim und Tübingen sowie eine bei der
Landesärztekammer. 

Sie prüfen unter anderem, ob Forschungsvorhaben mit Menschen oder
menschlichem Biomaterial wie Gewebe aus rechtlicher und ethischer
Sicht gemacht werden dürfen. Dazu zählen deutsche und internationale
Vorgaben, Erklärungen des Weltärztebundes, die Berufsordnung sowie
Gesetze zu Strahlen- und Datenschutz. Landesweit geht es um Tausende
Vorgänge im Jahr - teils neue, teils Änderungsanträge. 

«Der Vorschlag wird mit allen Beteiligten intern diskutiert und
abgestimmt», teilte eine Sprecherin mit. Das Ministerium prüfe ihn
ergebnisoffen. An der Diskussion seien unter anderem auch das Sozial-
und Gesundheitsministerium, das Wirtschaftsministerium, das
Staatsministerium, Akteurinnen und Akteure aus der Wissenschaft,
Gesundheitswirtschaft und Versorgung sowie die Ethikkommissionen
selbst beteiligt. 

Pro & Contra

Diese hatten im Frühjahr Skepsis an den Überlegungen geäußert. Sie

rechneten eher mit bürokratischen Hürden, mehr Aufwand und längeren
Prüfvorgängen. Auch «eine erhebliche Schwächung der institutionelle
n
Unabhängigkeit der Ethikkommission und Gefährdung des
Patientenschutzes» sei möglich, hieß es etwa von dem Ulmer Gremium.
Indirekt könnte mittel- bis langfristig auch die Behandlung von
Erkrankten betroffen sein, etwa im Rahmen von Arzneimittelstudien,
gab die Ethikkommission der Landesärztekammer zu bedenken. 

Befürworter einer Reform etwa aus der Pharmaindustrie führten
hingegen an, dass bei Studien, die an mehreren Orten ausgeführt
werden sollen, unterschiedliche Kommissionen schon mal zu
verschiedenen Ergebnissen kommen - eine Kommission also ein Vorhaben
genehmigt und eine andere es ablehnt. Eine Standardisierung würde das
vereinfachen.

Das sogenannte Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg hatte sich
vor knapp einem Jahr der Frage gewidmet, wie von der Wissenschaft und
Forschung entwickelte Medikamente, Therapie- und Diagnosemethoden
schneller in die Regelversorgung und damit den Patientinnen und
Patienten zugutekommen. In dem Gremium sind mehr als 600 Fachleute
aus Kliniken und Pflegeeinrichtungen, Krankenkassen,
Forschungsinstituten und Universitäten sowie Biotech-, Pharma- und
Medizintechnikfirmen vernetzt.

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