Teure Pflege: Beitragssatz steigt um 0,2 Prozentpunkte

Die Kosten für die Pflege steigen immer weiter. Versicherte und
Arbeitgeber müssen deshalb im kommenden Jahr draufzahlen.

Berlin (dpa) - Versicherte und Arbeitgeber werden im neuen Jahr nicht
nur spürbar mehr Geld für die Krankenkasse, sondern auch mehr für die

Pflegeversicherung bezahlen müssen. Der Beitragssatz soll nach
Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Januar um
0,2 Prozentpunkte steigen. 

Er habe dem Kabinett eine entsprechende Regierungsverordnung
zugeleitet, sagte der SPD-Politiker in Berlin. Die Maßnahme sei
dringend notwendig, weil sonst einige Pflegekassen in sehr
schwieriges wirtschaftliches Fahrwasser geraten könnten. Lauterbach
begründete den Schritt mit einer Zunahme der Pflegebedürftigen sowie
steigenden Löhnen für Pflegekräfte und mehr Pflegepersonal, was
politisch so gewollt sei.

Bundesrat muss zustimmen

Der Bundestag, in dem es nach dem Ampel-Aus keine klaren
Mehrheitsverhältnisse mehr gibt, muss der Erhöhung den Angaben
zufolge nicht zustimmen. Er könnte diese höchstens blockieren. Das
hält Lauterbach nach eigener Aussage aber für ausgeschlossen, «dann
würde ja einigen Pflegekassen nach einer kurzen Übergangsphase die
Zahlungsunfähigkeit drohen. Das wird natürlich niemand wollen».
Zustimmen muss der Verordnung demnach der Bundesrat.

Rechnerisch 180 Euro weniger netto im Jahr

Da die Beiträge zur Krankenversicherung im kommenden Jahr im Schnitt
um 0,8 Prozentpunkte steigen werden, wie das Ministerium zuletzt
bekanntgegeben hatte, ergibt sich zusammen mit dem nun
bekanntgegebenen Anstieg beim Pflegebeitragssatz rechnerisch ein Plus
von 1 Prozent. Das wären bei einem Brutto von 3.000 Euro grob
gerechnet 15 Euro weniger netto im Monat (die anderen 15 Euro zahlt
der Arbeitgeber) - aufs Jahr gerechnet also 180 Euro weniger.

Allerdings handelt es sich bei den 0,8 Prozent der Krankenkassen
lediglich um einen Richtwert. Die Kassen legen jeweils selbst fest,
ob und wie sehr sie an der Beitragsschraube drehen. Konkrete
Vorhersagen für den Einzelnen sind daher nicht möglich.

Beiträge schon 2023 gestiegen

Die Pflegeversicherung erwartet für dieses und nächstes Jahr rote
Zahlen. Eine Reform mit einer Beitragsanhebung zum 1. Juli 2023 hatte
die Ampel-Koalition schon umgesetzt. Damit stieg der Beitrag für
Menschen ohne Kinder auf 4 Prozent und für Beitragszahler mit einem
Kind auf 3,4 Prozent. Familien mit mindestens zwei Kindern zahlen -
bezogen auf den Arbeitnehmeranteil - nun weniger als zuvor. Die
Reform sollte die Pflege-Finanzen eigentlich bis 2025 absichern. 

Große Reform wegen Ampel-Aus auf Eis

Angesichts der Finanzlage hatte Lauterbach noch eine weitere große
Pflegereform angekündigt. Daraus wird wegen des Scheiterns der Ampel
nun aber nichts mehr. Eine Reform müsse spätestens zu Beginn der
nächsten Legislatur kommen, mahnte der Gesundheitsminister. «Uns
läuft hier die Zeit weg.»

Krankenkassen: Beitragsanhebung bringt nur Atempause 

Vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), der
auch die Pflegekassen vertritt, hieß es, die Anhebung des
Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte verschaffe lediglich eine
Atempause, löse aber für das nächste Jahr nicht das grundsätzliche

Finanzierungsproblem in der Pflege. Anstatt einseitig Versicherten
und Arbeitgebern immer mehr finanzielle Bürden aufzuerlegen, müsse
der Bund Mehrbelastungen ausgleichen, die ungerechtfertigt aus dem
Topf der Pflegeversicherung bezahlt worden seien, sagte die
GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer. Sie verwies auf 5,3
Milliarden Euro Sonderausgaben aus Coronazeiten, etwa für Tests oder
Boni fürs Personal.

Kritik kam auch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.
«Pflegebedürftige tragen die Folgen dafür, dass eine nachhaltige
Reform von der amtierenden Bundesregierung nicht frühzeitig
angegangen wurde», sagte Vorstand Eugen Brysch. «Unverzüglich
brauchen die Betroffenen einen Bundestag und eine Bundesregierung,
die entscheidungsfähig sind.»

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