Opposition lehnt von Scholz geforderte Zusammenarbeit ab

Schnelle Vertrauensfrage, wenn die «demokratischen Fraktionen» noch
Gesetzen zustimmen. Mit diesem Angebot kommt der Kanzler zunächst
nicht weiter. Auch der Vizekanzler meldet sich zu Wort.

Berlin/Neuhardenberg (dpa) - Union und FDP lehnen nach dem Aus der
Ampel-Koalition die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angebotene
Zusammenarbeit im Bundestag ab. «Es ist höchste Zeit, dass der
Kanzler angesichts seiner zerbrochenen Koalition die Vertrauensfrage
stellt. Das ist eine Selbstverständlichkeit und wird von den Bürgern
auch so erwartet», sagte der Geschäftsführer der Unionsfraktion,
Thorsten Frei (CDU), der «Welt am Sonntag». Anschließend könnten di
e
anstehenden Gesetzesvorhaben unverzüglich weiter beraten und
beschlossen werden. 

Scholz hatte sich nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition
gesprächsbereit über den Zeitpunkt einer Vertrauensfrage und der
folgenden Neuwahl gezeigt, nachdem er zunächst den 15. Januar für die
Vertrauensfrage genannt hatte. Am Rande des informellen EU-Gipfels in
Budapest mahnte er aber eine Einigung im Bundestag darüber an, welche
Gesetze noch beschlossen werden sollen.

Habeck will keine zu lange Hängepartie 

Zweifel an möglichen Bedingungen für eine schnelle Vertrauensfrage
meldete Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) an. Dieser Schritt sei
Sache des Kanzlers selbst und müsse auch entlang der Organisation
einer sicheren Wahldurchführung abgewogen werden, sagte der
Wirtschaftsminister am Rande eines Besuchs in Neuhardenberg. Er sei
der Meinung, dass es keine zu lange Hängepartie geben sollte. «Wo ich
sehr skeptisch bin ist, ob diese guten oder schlechten Gründe -
darüber mag man denken, wie man will - vermengt werden sollten mit
der Umsetzung politischer Lieblingsprojekte», sagte Habeck. 

SPD nennt der Union ihre wichtigen Gesetzesvorhaben

Wie Scholz signalisierte auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch in
der «Süddeutschen Zeitung» Bereitschaft für Gespräche mit der Uni
on -
verbunden mit Forderungen. «Dabei müssen wir aber stets die Bedenken
der Bundeswahlleiterin berücksichtigen und sicherstellen, dass eine
faire und ordnungsgemäß vorbereitete Wahl möglich ist», sagte
Miersch. Und eine Bedingung sei, dass die Union helfe, noch bestimmte
Projekte vor einer Neuwahl im Bundestag zu beschließen.

«Olaf Scholz hat angeboten, dass wir uns konkret mit der Union
darüber verständigen, welche wichtigen Projekte wir im Bundestag noch
gemeinsam voranbringen - wie Kindergeld, Pflegeversicherung und das
Deutschlandticket», betonte Miersch. «Wenn diese konstruktive
Zusammenarbeit gesichert ist, können wir gern über den Zeitpunkt der
Vertrauensfrage und der Neuwahlen sprechen.»

Besonders forderte Miersch die Union dazu auf, noch das Rentenpaket
mit einer Stabilisierung der Altersbezüge gemeinsam zu verabschieden.
«Friedrich Merz hat auf dem Deutschlandtag der Jungen Union gesagt,
er will keinen Renten-Wahlkampf führen: Dann lassen Sie uns das und
das Rentenniveau auf 48 Prozent festschreiben. Das Rentenpaket können
wir gemeinsam beschließen.»

Liberale finden den Kanzler unglaubwürdig

Die FDP forderte Scholz erneut auf, zügig den Weg zur Neuwahl
freimachen. Dass der Kanzler dies nun mit Hinweis auf
staatspolitische Verantwortung hinauszögere, sei völlig
unglaubwürdig, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der
Deutschen Presse-Agentur.

«Die Freien Demokraten hatten ihm das Angebot unterbreitet, die
Koalition gemeinsam zu einem geordneten Ende zu bringen und
zeitkritische Projekte schnell abzuschließen. Er hat sich jedoch
anders entschieden», sagte Djir-Sarai. In den gescheiterten
Verhandlungen über die Rettung der Ampel-Koalition hatte der
Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner eine geordnete Neuwahl
gefordert und Scholz ihn entlassen.

«Die Restregierung des noch amtierenden Bundeskanzlers besteht nun
aus zwei Kanzlerkandidaten, die über keine Mehrheit im Parlament mehr
verfügen. Unser Land ist führungslos», sagte Djir-Sarai. Es fehle an

Kraft und Wille, um die drängenden Probleme zu lösen und die
Wirtschaft wieder auf den Erfolgspfad zu führen. Die Hängepartie sei
unverantwortlich.

Welcher Neuwahl-Termin ist für die Wahlleiter überhaupt zu schaffen?

Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte allerdings an Scholz appelliert,
seinen Zeitplan nicht zu überstürzen. Aus organisatorischen Gründen
sei eine Neuwahl im Januar oder Februar riskant, schrieb sie in einem
Brief an den Kanzler. 

Am Montag wollen sich die Wahlleiter von Bund und Ländern für eine
erste Besprechung der Wahlvorbereitung treffen. Einen entsprechenden
Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland bestätigte das Büro der
Bundeswahlleitung. Wie auch bei regulären Wahlen bestehe Bedarf zum
Austausch zum Beispiel über neue Verfahren nach einer Änderung der
Bundeswahlordnung.

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