Gericht verhandelt über Klage gegen Ausbildungsfonds

Mit einem Gesetz will Bremen mehr junge Menschen in Ausbildung
bringen und so gegen den Fachkräftemangel vorgehen. Doch das Vorhaben
stößt auf heftige Kritik - und wird nun vor Gericht verhandelt.

Bremen (dpa/lni) - Der Staatsgerichtshof Bremen verhandelt über eine
Klage gegen den umstrittenen Ausbildungsfonds. Der Fall mit einem
Aktenstapel von 1.500 Seiten sei sehr komplex, sagte Peter Sperlich,
Präsident des Staatsgerichtshofs, zu Verhandlungsbeginn. Das Gericht
soll prüfen, ob das Gesetz mit der Landesverfassung vereinbar ist. 

Mehrere Kammern klagen, weil sie den Ausbildungsfonds für
verfassungswidrig halten. Das Gesetz ist am 15. April 2023 in Kraft
getreten. Demnach müssen alle Unternehmen in Bremen eine Abgabe
zahlen. Aus dem Fonds sollen Ausbildungsbetriebe einen Ausgleich für
die Ausbildungskosten erhalten - bis zu 2.500 Euro pro Auszubildender
und Jahr. Außerdem sollen mit dem Geld unter anderem Weiterbildungen
für Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Sprachkurse finanziert werden.

Kammern: Ausbildungsfonds belastet Unternehmen

Die Handels-, Handwerks-, Zahnärzte-, Apotheker- und Ärztekammer
sowie die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Bremen klagen dagegen. Aus
ihrer Sicht überschreitet das Land mit dem Ausbildungsfonds seine
Kompetenz. Das Gesetz löse nicht das Fachkräfteproblem, sondern
bringe nur eine zusätzliche finanzielle und bürokratische Belastung.

Die Kammern argumentieren, dass es nicht an Ausbildungsplätzen fehle,
sondern an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern. Der
Fachkräftemangel sei auf mangelnde schulische Bildung und die
Einwanderungspolitik zurückzuführen. Zudem sei die Einführung einer
Abgabe für alle Betriebe angesichts von 200 bis 300 Bremerinnen und
Bremer ohne Ausbildungsplatz unverhältnismäßig.

Gesetz soll für Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt sorgen

Nach Angaben der Arbeitsagentur sind im kleinsten Bundesland mehr als
360 junge Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Dem
gegenüber stehen knapp 360 unbesetzte Ausbildungsstellen (Stand: Ende
September). Auf die Stellen bewerben sich auch viele aus dem
angrenzenden Niedersachsen, das verschärft aus Sicht des Landes das
Problem. Das Gesetz soll dem angespannten Ausbildungsmarkt
entgegenwirken und Ausbildungsbetriebe unterstützten.

Die Arbeitnehmerkammer und die Gewerkschaften befürworten den
Ausbildungsfonds. Die Zahlen der unbesetzten Stellen und der
Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz lassen sich nicht eins zu eins
gegenrechnen, meint Antalia Westkämper, Jugendbildungsreferentin des
Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Bremen. Die jungen Menschen
wollen eine qualitativen und sie erfüllende Ausbildung und sollten
nicht um jeden Preis die noch unbesetzten Ausbildungsplätze
annehmen. 

Außerdem seien einige Betriebe nur auf der Suche nach Abiturienten
und zögen Bewerberinnen und Bewerbern mit niedrigeren
Schulabschlüssen nicht in Betracht, kritisiert Westkämper. «Wir
brauchen eine gute Ausbildung im Land - der Fonds ist
dafür unabdingbar.» Der DGB und die Jusos organisierten eine
Kundgebung vor dem Justizzentrum, etwa 15 Menschen demonstrierten
gegen die Klage.

Entscheidung noch vor Weihnachten erwartet

Das Arbeitsressort geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die
Klage vor dem Staatsgerichtshof keinen Erfolg hat und die Unternehmen
die Abgabe ab Anfang nächsten Jahres zahlen müssen. Bis dahin sollte
es auch rechtlich Klarheit geben, kündigte ein Justizsprecher an. Der
Staatsgerichtshof werde vermutlich noch vor Weihnachten eine
Entscheidung treffen.

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