Suchtberatung: Handel und Hersteller sollen Abgabe zahlen

Millionen Menschen sind suchtkrank. Milliardenkosten für die
Gesellschaft. Die Hauptstelle für Suchtfragen will eine spezielle
Abgabe von Herstellern und Handel. Aus der Tabakwirtschaft kommt
Contra.

Hamm (dpa) - Angesichts von acht Millionen Suchtkranken und
volkswirtschaftlichen Kosten in Milliardenhöhe durch die Folgen von
Alkohol- und Tabakkonsum fordert die Deutsche Hauptstelle für
Suchtfrage (DHS) eine Abgabe von Herstellern und Handel. «Trotz der
extremen gesellschaftlichen Kosten, die aus dem Abhängigkeits- und
Schädigungspotenzial von alkoholischen Getränken und
Tabakerzeugnissen erwachsen, werden Hersteller und Händler nicht an
den enormen Kosten beteiligt, die durch den Gebrauch ihrer Produkte
entstehen», kritisiert die DHS in Hamm.

Zum anstehenden bundesweiten Aktionstag Suchtberatung an diesem
Donnerstag - 14. November - verlangte die DHS eine zweckgebundene
Abgabe auf alle legalen Suchtmittel und auch auf Glücksspielangebote.
Die Abgabe solle uneingeschränkt für Vorbeugung, Beratung, Behandlung
und Erforschung von Abhängigkeitserkrankungen bereitgestellt werden.
«Die Abgabe sollte in erster Linie von den Herstellern - bei
Glücksspiel von Anbietern - entrichtet werden und zwar entsprechend
der verkauften Einheiten, abgesetzten Mengen, durchgeführten
Angeboten», sagte DHS-Geschäftsführerin Christina Rummel der
Deutschen Presse-Agentur.

«Es wäre natürlich zu erwarten, dass die Kosten der Produkte an die
Verbraucher weitergegeben werden. Die Preiserhöhungen könnten dann
wiederum eine verhältnispräventive Wirkung entfalten, die mit
wissenschaftlicher Evidenz nachgewiesen ist.» Die Abgabe solle
ausdrücklich nicht in den allgemeinen Bundeshaushalt fließen. «Die
Höhe der Abgabe haben wir bislang nicht definiert, da sehen wir auch
die Politik in der Pflicht.» Zunächst brauche es den politischen
Willen und ein Bekenntnis zu einem solchen Schritt. 

Hohe Milliardenkosten für die Gesellschaft Jahr für Jahr 

Rund 57 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten entstehen in
Deutschland jährlich durch die Folgen von Alkoholkonsum, wie die DHS
betonte. Der Tabakkonsum schlage mit rund 97 Milliarden Euro zu
Buche. Belastet würden nicht nur das Gesundheitswesen und die
Sozialkassen, sondern auch private Haushalte, Arbeitgeber, Familien
und Sozialräume. 

Viele Suchtberatungsstellen können ihre Angebote wegen enormer
finanzieller Probleme kaum noch aufrechterhalten, betonte
Co-Geschäftsführer Peter Raiser in einer Mitteilung. «Die
wirtschaftlichen Profiteure müssen in die Pflicht genommen werden.»
Bundesweit seien acht Millionen Menschen suchtkrank, auch deren
Angehörige benötigten häufig Beratung und Hilfe. Eine Abgabe könne

Beratungsstellen finanziell unterstützen, hieß es. Schließungen von
Suchtberatungsstellen seien in mehrfacher Hinsicht dramatisch. 

Tabakwirtschaft lehnt geforderte neue Abgabe ab 

Tabakerzeugnisse seien die am höchsten besteuerten Produkte in
Deutschland, betonte der Bundesverband der Tabakwirtschaft BVTE. Der
Staat habe 2023 insgesamt knapp 20 Milliarden Euro aus dem Absatz von
Tabak- und Nikotinerzeugnissen eingenommen, was rund 4,2 Prozent des
gesamten Bundeshaushaltes entspreche. «Für eine noch stärkere
Abgabenbelastung für unsere Erzeugnisse gibt es deshalb keinen Raum»,
hieß es beim Verband. Zudem sei zu befürchten: «Noch höhere Steuern

und Abgaben würden zu einem drastischen Anstieg des illegalen Handels
in Deutschland führen.» Aktuell werde jede fünfte Zigarette
hierzulande nicht in Deutschland versteuert.

Die Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert mahnte hingegen laut
Mitteilung, man müsse über neue Wege der Finanzierung nachdenken.
«Ein «Weiter so» geht einfach nicht», zitierte die DHS den
Schirmherrn des Aktionstags. An dem Tag planen Suchtberatungsstellen
in ganz Deutschland wieder vielfältige Aktionen und Veranstaltungen.

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