Kliniken, Hausärzte, Rettungsdienst - alles geplatzt?

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Dabei hat sie in der
Gesundheitspolitik meist harmoniert. Sind begonnene Vorhaben nun
beerdigt, oder geht doch noch was?

Berlin (dpa) - Die Deutsche Stiftung Patientenschutz rechnet nach dem
Bruch der Ampel-Koalition mit einer Hängepartie bei wichtigen
Gesundheitsreformen. «Es ist blauäugig zu glauben, dass jetzt in
wenigen Sitzungstagen für Patientinnen, Patienten und
Pflegebedürftige der parlamentarische Turbo gezündet wird», sagte
Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die
anstehende vorgezogene Neuwahl. «Deshalb muss die Bundestagswahl
jetzt schnell kommen, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden.»

Aber auch dann brauche es noch viele Monate Zeit, sagte Brysch und
sprach von «düsteren Aussichten für Patientinnen, Patienten und
Pflegebedürftige». Denn mit dem Ende der Legislaturperiode begännen
alle Gesetzesvorhaben von vorn. Der Patientenschützer warnte: «In den
Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegediensten und daheim läuft jetzt
finanziell alles aus dem Ruder.»

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte eigentlich einen
«Herbst der Reformen» geplant. Mehrere Vorhaben wurden auch schon
gestartet - alles passé?

Krankenhausreform

Die von der Ampel-Koalition noch im Bundestag beschlossene
Neuaufstellung der Kliniken hängt am seidenen Faden. Am 22. November
entscheidet der Bundesrat: Geht die Reform durch? Oder kommt sie in
den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament, Wiederauftauchen
ungewiss? Lauterbach arbeitet daran, das Großprojekt ins Ziel zu
bringen. Die Reform soll die Vergütung grundlegend ändern und die
Kliniken von finanziellem Druck befreien. Außerdem sollen
bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben abgesichert und eine stärkere
Spezialisierung erreicht werden.

Entlastungen für Hausärzte

Um das Praxisnetz auch auf dem Land zu erhalten, stehen
Verbesserungen für Hausärztinnen und Hausärzte im Blick - unter
anderem durch einen von vielen geforderten Wegfall von Obergrenzen
bei der Vergütung. Der Gesetzentwurf ist im Bundestag, für diesen
Mittwoch ist eine Expertenanhörung angesetzt. Aber war es das? Dabei
wollte Lauterbach im Verfahren ursprünglich noch Gesundheitskioske in
Brennpunktvierteln und ein Ende von Homöopathie als Kassenleistung
einbauen.

Notfallversorgung

Schon im Bundestag ist auch eine Notfallreform, über die seit langem
diskutiert wird. Patientinnen und Patienten mit dringenden Anliegen
sollen gezielter in passende Behandlungsangebote gelenkt werden,
statt oft gleich ins Krankenhaus zu gehen. Der Entwurf sieht
Anlaufstellen in Kliniken vor, in denen man je nach Dringlichkeit
weitergeleitet wird - in die Notaufnahme oder eine nahe
Notdienstpraxis. Ausgebaut werden sollen auch Ersteinschätzungen per
Telefon. Kurz vor dem Bruch einigte sich die Ampel auch auf neue
Standards für den Rettungsdienst - voraussichtlich zu spät.

Organspenden

Im Ringen um mehr Organspenden sieht ein vom Kabinett auf den Weg
gebrachter Gesetzentwurf erweiterte Möglichkeiten für die Übertragung

von Nieren vor. Damit sollten Nierenspenden auch zwischen zwei
unterschiedlichen Paaren «über Kreuz» erlaubt werden. Das Vorhaben
steht aber wohl zu weit am Anfang. Unabhängig von
Koalitionsmehrheiten wäre prinzipiell noch ein neuer Anlauf für eine
grundlegende Änderung der Spenderegeln möglich. Denn darauf zielt
eine fraktionsübergreifende Initiative dafür, dass alle als Spender
gelten sollen - es sei denn, man widerspricht. 

Digitalisierung

Umsetzen kann Lauterbach ein rechtzeitig beschlossenes
Schlüsselprojekt für die lange stockende Digitalisierung des
Gesundheitswesens: Anfang 2025 bekommen die 75 Millionen gesetzlich
Versicherten von ihrer Kasse eine elektronische Patientenakte (ePA)
angelegt - es sei denn, man lehnt es für sich ab. Sie soll ein
digitaler Speicher etwa für Angaben zu Medikamenten, Befunde und
Laborwerte sein und Patienten ein Leben lang begleiten. Starten soll
die ePA ab 15. Januar in zwei Modellregionen und voraussichtlich vier
Wochen später dann auch bundesweit.

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