Neuseelands Premier entschuldigt sich bei Missbrauchsopfern
Jahrzehntelang wurden Kinder in neuseeländischen Pflegeeinrichtungen
brutal missbraucht. Ein Bericht brachte die furchtbare Wahrheit ans
Licht. Der Premier entschuldigt sich - und der Papst?
Wellington (dpa) - Im Juli hatte eine Untersuchungskommission zu
Missbrauch in Pflegeeinrichtungen in Neuseeland nach mehrjährigen
Untersuchungen einen schockierenden Bericht vorgelegt. Jetzt hat sich
Ministerpräsident Christopher Luxon öffentlich im Parlament bei den
Opfern entschuldigt.
Dem Bericht der Royal Commission of Inquiry zufolge wurden zwischen
1950 und 1999 rund 200.000 Kinder, Jugendliche und schutzbedürftige
Erwachsene in staatlichen, vor allem aber religiösen
Betreuungseinrichtungen Opfer körperlicher und sexueller Gewalt.
Damit erlitt fast jeder Dritte Schutzbefohlene irgendeine Form von
Missbrauch. Die Rede ist unter anderem von Vergewaltigungen,
Elektroschocks und Sterilisation. Besonders betroffen waren neben
Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen vor allem
indigene Maori. Um das Ausmaß zu verstehen: Das Land hat heute gerade
einmal fünf Millionen Einwohner.
«Dies ist ein bedeutsamer und trauriger Tag in Neuseeland», sagte
Luxon. «Heute entschuldige ich mich im Namen der Regierung bei allen,
die in Pflegeeinrichtungen Missbrauch, Leid und Vernachlässigung
erlitten haben.» Es tue ihm sehr leid, dass man den Opfern anfangs
nicht geglaubt habe. «Es tut mir leid, dass viele Unbeteiligte -
Mitarbeiter, Freiwillige und Pflegekräfte - weggeschaut und den
Missbrauch nicht gestoppt oder gemeldet haben.»
Entschuldigung des Papstes gefordert
Die sechsjährige öffentliche Untersuchung gilt als die größte,
längste und komplexeste, die jemals in Neuseeland durchgeführt wurde.
Dabei sammelte die Kommission Beweise und Aussagen von mehr als 2.400
Überlebenden und gab zudem 138 Empfehlungen ab. Unter anderem
forderte sie öffentliche Entschuldigungen des Papstes und des
Erzbischofs von Canterbury - den Oberhäuptern der katholischen und
der anglikanischen Kirche.
Als Teil ihrer Entschuldigung will die neuseeländische Regierung neue
Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der staatlichen Pflege
einführen und Denkmäler zu Ehren nachgewiesener Täter entfernen.
Bereits im Juli hatte Luxon Entschädigungszahlungen angekündigt.
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