Kurort-Prädikate: Sächsische Kommunen beklagen hohe Kosten

Sachsens Kurorte fühlen sich abgehängt im Vergleich zu anderen
Bundesländern. Der Kurort-Status bedeutet Kosten, die die Kommunen im
Freistaat allein stemmen müssen. Sie fürchten Wettbewerbsnachteile.

Thermalbad Wiesenbad (dpa/sn) - Wegen hoher Zusatzkosten hoffen
Sachsens Kurorte auf mehr finanzielle Unterstützung. Die 14
betroffenen Kommunen müssten regelmäßig Geld in die Hand nehmen, um
ihren Kurort-Status und die damit verbundenen Prädikate zu erhalten,
sagt Helfried Böhme, Geschäftsführer vom Sächsischen
Heilbäderverband. Deswegen fordert er einen sogenannten
Mehrlastenausgleich. «Wir kämpfen seit Jahren dafür.» Die jährlic
he
Finanzspritze könnte Kommunen unterstützen, die durch das Prädikat
«Kurort» eine besondere Belastung haben und für diese einen Ausgleich

schaffen.

Nach einer Untersuchung des Heilbäderverbandes schätzt Böhme die
Mehrbelastung für alle Kurorte in Sachsen pro Jahr auf rund 10
Millionen Euro. «Sie liegen oft im ländlichen Raum, müssen viele
Auflagen erfüllen. Gutachten zu Lärm, Luft und Wasser bezahlen. Die
Kureinrichtungen und Parks pflegen.» Nachbarbundesländer wie
Thüringen oder Bayern böten seit Jahren Unterstützung in zweifacher
Millionenhöhe. Eigentlich sei die Hilfe auch in Sachsen im jetzt
auslaufenden Koalitionsvertrag verankert gewesen, erklärt Böhme.
«Bisher sind wir an der Umsetzung und besonders der Finanzierung
gescheitert.»

Kleiner Kurort, große Aufgaben

Auch in Thermalbad Wiesenbad im Erzgebirgskreis seien enorme Kosten
und hoher personeller Aufwand notwendig, um den Kurbetrieb am Laufen
zu halten, sagt Bürgermeister Thomas Mey (CDU). «Die Heilmittel
werden wie ein Medizinprodukt behandelt, müssen entsprechend
überwacht werden.» Das betreffe etwa das Thermalwasser vor Ort.
Gleichzeitig gelte es, touristische Angebote zu schaffen:
Kurparkflächen und Wanderwegenetze erhalten, kulturelle
Veranstaltungen organisieren.

Schon jetzt sei eine offensivere Vermarktung der Kurorte in
angrenzenden Bundesländern zu spüren, so Mey. «Ohne die Finanzhilfen

könnten sie uns bezüglich Attraktivität in den nächsten Jahren
überholen.» Fehlten die finanziellen Mittel, würde die
Weiterentwicklung vor Ort gestoppt. «Das betrifft auch kleinere
Dinge, wie das Schaffen von mehr Barrierefreiheit, Ausschilderungen
oder von neuen digitalen Angeboten.» 

Im nächsten Jahr steht die kostenintensive sogenannte
Reprädikatisierung in Thermalbad Wiesenbad an, die alle zehn Jahre
fällig ist. Und auch größere Bauprojekte schlagen zu Buche. Für die

Sanierung des Kurhauses und der Therme - sie war die erste ihrer Art,
die nach der Wiedervereinigung in Sachsen eröffnete - kommen
Millioneninvestitionen auf den kleinen Ort zu. 180 Angestellte
kümmern sich um die Rehapatienten.

Böhme: Unsere Kurorte könnten den Anschluss verlieren

«Einige Projekte mussten wir vorerst auf Eis legen. Irgendwann kann
man nicht noch mehr stemmen», betont Mey. Eigentlich hätte Wiesenbad
als «Ort mit Heilquellenbetrieb» gern ein höheres Prädikat mit dem

Status «Bad» angestrebt. «Die Gutachten zur Luftqualität würden u
ns
mehrere Zehntausend Euro kosten.» Die Kurklinik des Ortes sei mit
durchschnittlich 230 belegten Betten in diesem Jahr fast dauerhaft
voll ausgebucht. Ohne den Mehrlastenausgleich sieht Verbandschef
Böhme in den nächsten Jahren die Gefahr, dass «womöglich einigen
keine andere Möglichkeit bleibt, als auf die Kurort-Prädikate zu
verzichten». Mit großen Auswirkungen: «Die ganze Entwicklung der
Region wären betroffen.»

Bundesweit habe es bereits solche Fälle gegeben. Noch sehe Böhme
diese Gefahr für den Freistaat aber nicht. Der Kurort Oberwiesenthal
im Erzgebirgskreis etwa habe das Prozedere wieder durchlaufen und
stehe kurz vor der Neu-Prädikatisierung. «Aber die Entwicklung trifft
in abgeschwächter Form auch auf staatlich anerkannte Erholungsorte
zu, die Prüfungen und Auflagen für Gäste erfüllen müssen.» Hier
habe
es in den letzten 20 Jahren eine Reduktion um die Hälfte gegeben.
Böhme: «Da unsere Kurorte im Gegensatz zu anderen Bundesländern auch

in der Corona-Zeit keine Finanzhilfen bekommen haben, fürchten wir
wirklich, dass sie den Anschluss verlieren könnten.»

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