«Es war nur der Wahn» - Urteil nach Mord an Arzt Von Britta Schultejans, dpa

Im April wurde ein Arzt nach Dienstschluss vor der Klinik, in der er
arbeitete, erstochen. Nun ist der Prozess gegen den Täter zu Ende
gegangen - mit einem sehr emotionalen Statement.

Traunstein (dpa/lby) - «Es war nur der Wahn, der diese Tat erklärbar
macht», sagt der Vorsitzende Richter Volker Ziegler. Einen anderen
Grund für den «Mord, heimtückisch begangen» gebe es nicht. 

Das Landgericht Traunstein hat den Mann, der im April einen Arzt vor
einer Klinik in Wasserburg am Inn erstochen hat, zur Unterbringung in
einer Psychiatrie verurteilt. 

Täter: «Es gab keinen anderen Ausweg»

Der Beschuldigte hatte nicht bestritten, den Psychiater aus der
Klinik, in der er selbst zuvor auch Patient war, getötet zu haben. Er
bedauere seine Tat und wolle sich «von ganzem Herzen entschuldigen,
aber es gab keinen anderen Ausweg», hatte er in seinem letzten Wort
vor der Urteilsverkündung gesagt. 

Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gehen davon aus, dass er
wegen einer schweren paranoiden Schizophrenie infolge jahrelangen
Drogenmissbrauchs schuldunfähig ist. Er habe in seinem Wahn gedacht,
in der Klinik werde das Essen für die Patienten vergiftet und dagegen
müsse er etwas tun. 

Staatsanwalt spricht von «Heimtücke-Mord»

Dass es sich bei dem zur Tatzeit 40 Jahre alten, psychisch kranken
Mann um den Täter handle, sei zweifelsfrei erwiesen, sagte der
Staatsanwalt in seinem Plädoyer und sprach von einem
«Heimtücke-Mord». Der Verteidiger des Mannes teilte diese
Einschätzung und schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft
«vollumfassend» an. 

Der Beschuldigte soll einen 64 Jahre alten Oberarzt, als dieser nach
Dienstschluss auf dem Weg zu seinem Auto war, mit einem Küchenmesser
erstochen haben. Er soll die «Wahnvorstellung» gehabt haben, «dass
Gift in die Nahrung gemischt würde».

Emotionales Statement der Tochter

Bevor der Staatsanwalt mit seinem Plädoyer begann, richtete sich die
Tochter des Getöteten, die als Nebenklägerin in dem Verfahren
auftritt, mit zitternder Stimme und bewegenden Worten an den Mann,
der ihren Vater getötet haben soll. «Du hast unseren Papa umgebracht
und uns dadurch den Boden unter den Füßen weggerissen», sagte sie.
«Ich wünsche mir von Herzen, dass Du eines Tages begreifst, was Du
getan und angerichtet hast.»

Auch die beiden Anwälte der Kinder des Getöteten schlossen sich der
Staatsanwaltschaft weitgehend an und forderten die Unterbringung des
Beschuldigten in der Psychiatrie: «Er ist für die Allgemeinheit
gefährlich und wird es wohl auch noch viele Jahre sein.» Der
Vertreter der Schwester des Mediziners stellte dagegen die
Schuldunfähigkeit des Beschuldigten infrage und sprach sich für eine
lebenslange Freiheitsstrafe aus. 

Der Beschuldigte selbst sagte, er sei mit der Unterbringung in der
Psychiatrie «einverstanden, um mich therapieren zu lassen». Er sei
gesundheitlich sehr angeschlagen: «Das Gift drückt auf den Kopf» und

er werde «bald in Straubing in der Forensik sterben».

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