Richteramt missbraucht: Urteil zu Masken-Fall rechtskräftig
In der Corona-Pandemie wollte ein Richter einzelne
Infektionsschutzmaßnahmen an zwei Weimarer Schulen aushebeln. Dafür
wird er später wegen Rechtsbeugung verurteilt. Zurecht, sagt nun der
BGH.
Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung
eines Richters wegen Rechtsbeugung nach einem Verbot von
Corona-Maßnahmen an zwei Weimarer Schulen bestätigt. Die vom
Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft eingelegten Revisionen gegen
das Urteil des Landgerichts Erfurt wurden als unbegründet verworfen,
verkündete der Zweite Strafsenat in Karlsruhe. Das Landgericht hatte
den Mann 2023 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung
verurteilt. Das Urteil ist nun rechtskräftig.
Der Familienrichter am Amtsgericht Weimar hatte im April 2021 eine
einstweilige Anordnung erlassen, mit der es den Leitungen und
Lehrkräften der zwei Schulen untersagt wurde, einzelne der damals
geltenden Infektionsschutzmaßnahmen gegenüber den Kindern
durchzusetzen - zum Beispiel die Maskenpflicht. Seine Entscheidung
wurde später durch Folgeinstanzen kassiert. Er war für derartige
Entscheidungen gar nicht zuständig.
Richteramt missbraucht?
Das Landgericht hielt es für erwiesen, dass der Angeklagte seine
damalige Entscheidung voreingenommen gefällt hatte. Er habe das
Masken-Verfahren gezielt initiiert und Wochen vor seiner Entscheidung
aktiv daran gearbeitet, eine Familie zu finden, für deren Kinder er
ein Kinderschutzverfahren führen konnte.
Auch bei der Auswahl der Gutachter sei der Mann befangen gewesen. Er
habe sie ausgewählt, um das von ihm von vornherein beabsichtigte
Ergebnis gutachterlich zu begründen. Das ihm übertragene Richteramt
habe er zielgerichtet genutzt und missbraucht, befand das Gericht.
Gegen das Urteil waren sowohl der angeklagte Richter als auch die
Staatsanwaltschaft in Revision gegangen. Sie rügten Rechtsfehler im
Verfahren und forderten die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt hatte am Landgericht drei Jahre Haft
gefordert. Die Verteidiger des Juristen hatten einen Freispruch für
ihn beantragt.
Senat: geht nicht um Sinn oder Unsinn der Maskenpflicht
Bei der mündlichen BGH-Verhandlung im August hatte der Zweite
Strafsenat wiederholt darauf hingewiesen, dass es in dem Verfahren
nicht um Sinn oder Unsinn der Corona-Maßnahmen gegangen sei und gehe.
Sondern darum, ob der Amtsrichter mit bereits vorgefasster Meinung
geurteilt und das Verfahren rechtswidrig an sich gezogen habe. «Wir
prüfen hier Verfahrensfehler», betonte die Vorsitzende Richterin Eva
Menges.
Schon zur Verhandlung hatte es großes Interesse von Besucherinnen und
Besuchern gegeben. Sie waren aus Thüringen und anderen Bundesländern
angereist, um den angeklagten Richter zu unterstützen. Wegen
gründlicher Einlasskontrollen hatte sich der Beginn der Verhandlung
um weit mehr als eine Stunde verzögert. Zur Urteilsverkündung hatte
der BGH ein Anmeldeverfahren eingeführt.
Die nun rechtskräftige Verurteilung des Richters birgt für ihn auch
beruflich Konsequenzen. Im Deutschen Richtergesetz heißt es, dass ein
wegen einer vorsätzlichen Tat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe
von mindestens einem Jahr verurteilter Richter aus dem Richteramt
entlassen werden muss.
Das Grundgesetz garantiere richterliche Unvoreingenommenheit, betonte
BGH-Richterin Menges bei der Verkündung. Die Entscheidungsfindung von
Richterinnen und Richter habe mit unbedingter Neutralität zu
erfolgen. Das sei für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den
Rechtsstaat von essenzieller Bedeutung. Ob der Angeklagte wirklich
aus Sorge um das Wohl der Kinder handelte, könne offen bleiben.
Selbst wenn das der Fall wäre, rechtfertige das nicht sein Vorgehen
bei der Entscheidung.
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