Schlaganfall: Bessere Versorgung bei kaum längeren Fahrtzeiten möglich
Ein Datenreport zu Schlaganfall-Spezialstationen zeigt: 94 Prozent
der Bevölkerung könnten auch bei Konzentration der Versorgung auf
spezialisierte Kliniken in unter 30 Minuten versorgt werden.
Köln (dpa) - Zeit und Qualität sind bei der Behandlung eines
Schlaganfalls entscheidend, damit die betroffenen Hirnregionen wieder
ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Doch hierzulande werden
längst nicht alle Patienten in eine Klinik mit sogenannter Stroke
Unit (SU) gefahren, die auf Schlaganfälle spezialisiert ist. Ein
nicht unerheblicher Anteil der Patient wird weiterhin in Kliniken
ohne solche Stationen gebracht. Ein Datenreport des Science Media
Center (SMC) zeigt: Würden Schlaganfallpatienten konsequent in Stroke
Units transportiert, könnten 94 Prozent der Bevölkerung trotz der
Spezialisierung in weniger als 30 Minuten die Klinik erreichen - eine
Fahrzeit, die von Fachleuten als maximal akzeptabel gilt.
Stroke Units retten Leben
In Deutschland gibt es derzeit 349 von der Deutschen
Schlaganfall-Gesellschaft zertifizierte Stroke Units und weitere ohne
Zertifikat. Diese Stationen sind mit spezialisierter Technik und
Fachpersonal ausgestattet und verbessern nachweislich
Überlebenschancen und Alltagsfunktionen von Menschen nach einem
Schlaganfall. Die entsprechende medizinische Leitlinie empfiehlt
daher, alle Menschen nach einem Schlaganfall in Stroke Units zu
behandeln.
Doch laut einer Umfrage von 2020 werden bis zu einem Drittel der
leicht und bis zu 20 Prozent der schwer betroffenen
Schlaganfallpatienten in Kliniken ohne Stroke Unit gebracht. Nach
Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums wurde 2021 ein Viertel
aller Menschen mit Schlaganfall nicht in Stroke Units behandelt.
Neue Daten und interaktive Karten
Das SMC analysierte Krankenhausdaten aus 2022 und berechnete, wie
sich die Fahrzeiten verändern würden, wenn ausschließlich Stroke
Units angefahren würden. Die Ergebnisse sind in interaktiven Karten
abrufbar. Neben zertifizierten Stroke Units wurden auch Kliniken
berücksichtigt, die eine Stroke Unit ohne Zertifizierung haben, aber
eine bestimmte Zahl an Schlaganfallbehandlungen durchführen.
Insgesamt flossen 476 Standorte in die Analyse ein.
Die Ergebnisse zeigen: Würde die Versorgung vollständig auf Stroke
Units konzentriert, läge die durchschnittliche Fahrzeit bei etwa 14
Minuten. Gut 94 Prozent der Bevölkerung könnten innerhalb der
empfohlenen 30 Minuten eine Klinik mit Stroke Unit erreichen. Für
knapp 6 Prozent wären längere Fahrzeiten erforderlich. Hier könnten
Luftrettung oder telemedizinische Netzwerke die Versorgung
sicherstellen.
Der Report analysiert zudem, an welchen Stroke Units die
Thrombektomie angeboten wird - ein minimalinvasives Verfahren zur
mechanischen Entfernung von Blutgerinnseln. Diese Behandlung
verbessert die Prognose vieler Patienten deutlich. Den Daten zufolge
beträgt die durchschnittliche Fahrtzeit zu einer Stroke Unit mit
Thrombektomie etwa 18 Minuten.
Relevanz für die Klinikreform
Die Ergebnisse sind hochaktuell: Am Freitag entscheidet der Bundesrat
über eine Klinikreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD), die auch eine stärkere Konzentration der
Schlaganfallversorgung auf Stroke Units vorsieht. Dem Report zufolge
könnte eine Spezialisierung auf Stroke Units die Versorgungsqualität
verbessern - ohne die Anfahrtszeiten für den Großteil der Bevölkerung
erheblich zu verlängern.
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