Umfrage: Fünf Prozent der Erwachsenen aktuell mit Depression

Menschen mit einer Depression fühlen sich oft lange niedergeschlagen
und können nur schwer Freude empfinden. Das ist nicht nur für die
Erkrankten schlimm, sondern meist auch für die Angehörigen.

Leipzig (dpa) - Fast fünf Prozent der Erwachsenen unter 70 Jahren in
Deutschland leiden derzeit eigenen Angaben zufolge an einer ärztlich
festgestellten Depression. Hervor geht das aus einer repräsentativen
Befragung, dem aktuellen «Deutschland-Barometer Depression». Unter
den Befragten gaben 24 Prozent an, in ihrem Leben schon mal die
Diagnose Depression bekommen zu haben. 

«Die Depression wird heute viel häufiger diagnostiziert, weil mehr
Menschen sich Hilfe holen», sagte der Vorsitzende der für die Umfrage
zuständigen Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention,
Ulrich Hegerl, bei einer Online-Pressekonferenz. Außerdem würden
Ärztinnen und Ärzte die Krankheit besser erkennen. Durch die
Maßnahmen der Corona-Pandemie hätten viele Menschen einen Rückfall
bekommen oder eine Verschlechterung erlebt. 

Depression durch genetische Veranlagung

Äußere Einflüsse sind Hegerl zufolge allerdings nicht der Hauptfaktor

für eine Erkrankung. «Entscheidend ist die Veranlagung», erklärte d
er
Psychiater. Jeder Mensch mit einer genetischen Veranlagung könne
erkranken. Menschen ohne eine genetische Veranlagung hingegen bekämen
nie eine richtige Depression, auch nicht, wenn es ihnen sehr schlecht
gehe. 

Unter allen Befragten gab etwa jeder Vierte (26 Prozent) an,
Angehörige mit Depressionen zu haben. Man wisse nicht immer, ob
Familienmitglieder oder der Partner erkrankt seien, deswegen sei es
möglich, dass die tatsächliche Zahl höher liege, sagte Hegerl. 

Bei Menschen mit einer Depressionsdiagnose gab gut ein Drittel (34
Prozent) an, dass Familienangehörige in demselben Haushalt eine
Depression hätten. Bei Menschen ohne Depressionshintergrund haben
eigenen Angaben zufolge 13 Prozent erkrankte Familienmitglieder im
Haushalt.

Krankheit kehrt oft wieder

Nach Angaben der Stiftung wird die Diagnose gestellt, wenn über zwei
Wochen hinweg oder länger mindestens zwei der drei Hauptsymptome
(Verlust von Interesse und Freude, depressive Stimmung,
Antriebsmangel) und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome
vorliegen (darunter zum Beispiel Schlafstörungen, Suizidgedanken,
Appetitminderung). 

Die Krankheit tritt meist in wiederkehrenden Episoden auf. Die
Depression ist eine ernsthafte Erkrankung, die das Denken, Fühlen und
Handeln der Betroffenen tiefgehend beeinflusst und erhebliches Leid
verursacht.

«Von Selbstzweifeln zerfressen»

«Ich war nur am Grübeln und von Selbstzweifeln zerfressen», sagte ein

Betroffener bei der Vorstellung der Ergebnisse. Lange Zeit habe er
seine Gefühle nicht einordnen können. «Irgendwann war ich nicht mehr

lebensfähig, konnte nicht mehr einkaufen gehen, konnte nicht mehr
telefonieren.» 

Mit der Unterstützung seiner Partnerin habe er sich schließlich dazu
entschieden, eine Therapie zu machen und Antidepressiva zu nehmen.
«Was mir wahnsinnig geholfen hat, war, darüber zu sprechen, weil ich
mir nicht mehr falsch vorkam.» Auch seine Partnerin sei eine wichtige
Stütze gewesen.

Für Angehörige belastend

Eine große Mehrheit (77 Prozent) der Befragten mit erkrankten
Angehörigen gab in der Umfrage an, die Depressionserkrankung als
belastend oder sehr belastend wahrzunehmen. «Für Angehörige ist es
sehr wichtig, einfach Verständnis zu haben», sagte die Partnerin des
depressiven Betroffenen während der Pressekonferenz. 

Als es ihrem Partner besonders schlecht ging, habe sie immer mehr
Sachen für ihn übernehmen oder seine schlechte Stimmung aushalten
müssen. Geholfen habe ihr dabei die Gewissheit: «Das ist keine
Absicht, das ist eine Krankheit.»

Gespräch mit Arzt oder Psychotherapeut nötig

Die Untersuchung wurde von der Stiftung in Auftrag gegeben. An der
Online-Befragung haben 5.000 Menschen im Alter zwischen 18 und 69
Jahren teilgenommen. Es ist die achte Ausgabe der Studie, die
jährlich Einstellungen und Erfahrungen zum Thema Depression in der
deutschen Bevölkerung ermittelt. Gefördert wird das
«Deutschland-Barometer Depression» von der Deutsche Bahn Stiftung.

Im Fall einer Erkrankung oder eines Verdachts auf Depression ist ein
Gespräch mit einem Arzt oder einem Psychotherapeuten nach Angaben der
Deutschen Depressionshilfe unverzichtbar. Zusätzlich gibt es
kostenlose Online- oder Telefonberatungen, Selbsthilfegruppen und
Online-Foren.

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