Vertrauliche Spurensicherung in Thüringen nun möglich
Unmittelbar nach einer Vergewaltigung oder Misshandlung scheuen sich
Frauen aus Scham häufig, Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Entschließen sie sich später dazu, sind gerichtsfeste Beweise nötig.
Erfurt (dpa/th) - In Thüringen können Frauen, die Opfer von
Sexualstraftaten und häuslicher Gewalt wurden, jetzt Spuren der Taten
für die spätere Strafverfolgung vertraulich sichern lassen. Dies ist
sinnvoll, wenn Betroffene nicht gleich Anzeige erstatten wollen. Ein
entsprechender Vertrag sei zwischen dem Land und dem
Universitätsklinikum Jena unterzeichnet worden, sagte die
Landesgleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler der Deutschen
Presse-Agentur.
Rechtsmediziner des Uniklinikums können nun in Kooperation mit
anderen Krankenhäusern gerichtsfeste Spuren bei betroffenen Frauen
sichern, die Beweismittel werden drei Jahre aufbewahrt.
Vergewaltigungs- oder Gewaltopfer scheuen sich häufig aus Angst oder
Scham, unmittelbar nach der Tat zur Polizei zu gehen. Für eine
spätere Strafanzeige benötigen sie gerichtsfeste Beweise wie Spuren
von Körperflüssigkeiten, Kratz-, Würgespuren oder Zeichen von
Schlägen. Diese werden bei einer vertraulichen Spurensicherung
festgestellt, zum Beispiel durch die Abnahme von Körperflüssigkeiten
wie Blut oder durch Fotodokumentation.
Vorerst sei dies nur am Uniklinikum in Jena möglich, sagte Ohler. Der
Vertrag regele aber, dass das Klinikum Kooperationsvereinbarungen mit
anderen Krankenhäusern abschließen solle, um die Spurensicherung auch
dort zu ermöglichen.
Tausende Frauen und Mädchen Opfer von Gewalt
In Thüringen sind laut polizeilicher Kriminalstatistik im vergangenen
Jahr rund 3.200 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
erfasst worden. Darunter waren rund 400 Fälle von sexueller
Belästigung und 94 Vergewaltigungen.
Aus dem Lagebericht zu häuslicher Gewalt geht hervor, dass 4.525
Frauen und Mädchen Opfer von Gewalt im familiären Umfeld wurden. Hier
geht es neben Sexualstraftaten unter anderem auch um
Körperverletzungen.
Über die Einführung der vertraulichen Spurensicherung hatten Land,
gesetzliche Krankenkassen und Uniklinikum jahrelang verhandelt. Ein
großer Streitpunkt sei dabei die Vergütung von
Bereitschaftsdienstzeiten für die Rechtsmediziner des Klinikums
gewesen, sagte Ohler. Die Kosten dafür übernimmt laut Vertrag nun das
Land, während die gesetzlichen Krankenkassen die notwendigen
Untersuchungen bezahlen.
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