Geständnisse im Erpressungsfall Schumacher Von Frank Christiansen, dpa
Mit zwei Geständnissen hat der Prozess um die versuchte Erpressung
der Familie von Ex-Rennfahrer Michael Schumacher begonnen. Beim
dritten Angeklagten sieht es anders aus.
Wuppertal (dpa) - Im Prozess um die versuchte Erpressung der Familie
von Ex-Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher haben der
Hauptangeklagte und sein Sohn Geständnisse abgelegt. «Ich stehe dafür
gerade. Ich habe den Scheiß gebaut», sagte der 53-jährige Wuppertaler
beim Prozessauftakt am Wuppertaler Amtsgericht. Zum Anwalt, der
Corinna Schumacher als Nebenklägerin vertritt, sagte er: «Richten sie
der Familie bitte aus, dass es mir wirklich leidtut.»
In der Anklage heißt es, dass der Erpresser 15 Millionen Euro
verlangt hatte - andernfalls würden private Fotos und Videos der
Familie Schumacher im Darknet veröffentlicht.
15 Millionen Euro gefordert
Der Hauptangeklagte sagte am Dienstag, er habe zwei Festplatten mit
Bild- und Videomaterial von dem Mitangeklagten, einem Gleichaltrigen
aus Wülfrath bei Wuppertal, bekommen. Der habe ihm gesagt, dass er
das Material von einer Krankenschwester habe. «Ich wollte es denen
zurückgeben. Ich dachte, ich könnte mit der Geschichte ein bisschen
Geld verdienen. Die Summe sollte durch drei geteilt werden. Zwischen
10 und 15 (Millionen Euro) sollten es sein. Ich habe dann direkt 15
genommen.»
«Ich habe die Dateien runter geladen und vervielfältigt auf vier
USB-Sticks. Meinen Sohn habe ich gebeten, eine E-Mail-Adresse zu
erstellen, die nicht rückverfolgbar ist.» Er habe sich zunächst mehr
als Makler gesehen, der das Material zurückgebe. «Das ist blöde
gelaufen. Was soll ich dazu sagen?» Ihm habe man gesagt, das Material
komme von einer Krankenschwester.
Vater und Sohn gestehen
Der Geständige ist der mutmaßliche Haupttäter, der sich in
Untersuchungshaft befindet. Ihm wird versuchte Erpressung in einem
besonders schweren Fall vorgeworfen, den beiden anderen Beihilfe
dazu.
«Ich sehe meinen Fehler ein», sagte sein mitangeklagter 30-jähriger
Sohn. Er habe die E-Mail-Adresse für seinen Vater eingerichtet, ein
Video aufgenommen von einem Telefonat seines Vaters mit einer
Mitarbeiterin der Schumacher-Familie und E-Mails für seinen Vater
verschickt. Dass es um Michael Schumacher ging, habe er erst spät
erfahren.
Dritter Angeklagter hat laut Anwalt mit Sache nichts zu tun
Der dritte Angeklagte, der zeitweise bei der Familie Schumacher auf
deren Anwesen in der Schweiz wohnte, ließ von seinem Verteidiger eine
Erklärung verlesen. Darin räumt er ein, von Corinna Schumacher
persönlich mit der Digitalisierung von privatem Bildmaterial
beauftragt gewesen zu sein.
Als er als Subunternehmer von der Familie abgezogen wurde, sei sein
Zimmer, als er seine Sachen abholen wollte, durchwühlt gewesen. Eine
Festplatte sei verschwunden und ihr Verbleib nie hinterfragt worden.
Sein Mandant habe mit der ganzen Sache nichts zu tun, sagte der
Verteidiger am Rande der Verhandlung.
Eine Mitarbeiterin der Schumacher-Familie sagte als Zeugin aus, der
Erpresseranruf sei auf einer Handy-Nummer eingegangen, die nur einem
kleinen Kreis bekannt gewesen sei. Man habe zunächst jemand anderen
als den angeklagten Ex-Mitarbeiter verdächtigt. «Jemand, der Zugang
zur Familie hatte und nicht mehr für uns arbeitete.»
Das sei eine Krankenschwester gewesen, der man wegen ihrer
Pflegeleistung gekündigt habe. «Wir haben da unschöne Dinge gesehen.
»
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatten sich Verdachtsmomente
gegen die Frau aber nicht erhärtet.
Schumacher-Mitarbeiterin sagt aus
Es seien auch schon früher Bilder angeboten worden. In einem Fall
stammten die Fotos 2021 vom Pflege-Computer. Sie seien aber ohne
Geldzahlung zurückgegeben worden. Es habe sie auch mal ein Konstanzer
Anwalt kontaktiert, der Personen aus dem Rotlichtmilieu vertritt. Es
sei aber immer klar gewesen, dass man sich nicht erpressen lasse,
sagte die Mitarbeiterin.
Als dann ein Zeuge (47) aus dem Konstanzer Türsteher-Milieu
auftaucht, wird es kurios. Er ziehe seine 33-seitige Aussage bei der
Polizei zurück. Er habe sich zu einer Falschaussage verleiten lassen
und wisse von der Sache in Wirklichkeit nichts. «Ich will hier Ihre
Zeit nicht vergeuden.»
Zuvor hatte der Hauptangeklagte aber bereits ausgesagt, dass er den
47-Jährigen gefragt habe, ob er einsteigen und gemeinsame Sache
machen wolle. Der 47-Jährige sei erbost gewesen, als er sein Angebot
zurückgezogen habe.
Ein weiterer Zeuge aus Konstanz berichtet, auch ihm sei das Material
gezeigt worden. Er sei gefragt worden, ob er Interesse hätte
mitzumachen. Er habe aber abgelehnt. Dass es um eine Erpressung ging,
sei nicht gesagt worden.
Nach einer schweren Kopfverletzung bei einem Ski-Unfall Ende 2013
schirmt die Familie Michael Schumacher konsequent ab. Das Gericht
ließ beim Prozessbeginn Michael Schumachers Ehefrau Corinna als
Nebenklägerin zu. Sie wird im Verfahren durch einen Anwalt vertreten.
Sehr sensible Daten wie Fotos und Krankenakte
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es seien nicht nur 900
Bilder und fast 600 Videos der Familie sichergestellt worden, sondern
auch die digitalisierte Krankenakte von Michael Schumacher. Die Daten
seien außerordentlich sensibel.
Der 53-jährige Wuppertaler und mutmaßliche Haupttäter ist nicht nur
vorbestraft, er soll bei seiner Festnahme zudem unter Bewährung
gestanden haben. Mit einem Urteil wird erst im neuen Jahr gerechnet.
Das Gericht hat fünf Verhandlungstage angesetzt.
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