CDU und SPD wollen neue Aufarbeitung von Corona starten
Mit Bürgergruppen und einer Expertenanhörung möchten CDU und SPD
Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen. Allerdings gibt es dafür auch
schon einen Untersuchungsausschuss. Kommt es zu Doppelarbeit?
Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessens Regierungsfraktionen von CDU und SPD
sind mit ihren neuen Plänen zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie
parallel zu einem schon eingesetzten Untersuchungsausschuss auf
Kritik gestoßen. In einem gemeinsamen Antrag beider Fraktionen heißt
es: «Aufgrund der starken Einwirkung staatlicher Maßnahmen in die
Grundrechte der Menschen wollen wir einen breiten Dialog führen.»
CDU und SPD kündigten dafür im Wiesbadener Landtag sogenannte
Fokusgruppen mit mindestens 50 Bürgerinnen und Bürgern an, ausgesucht
nach statistischen Kriterien. Die Leitfrage solle sein: «Welche
Lehren ziehen wir aus der Pandemie und wie bereiten wir uns in Hessen
auf ähnliche Krisen vor?» Auch eine zweitägige Expertenanhörung sol
le
die einstigen Maßnahmen gegen Corona analysieren. Auf Basis der neuen
Erkenntnisse werde die schwarz-rote Landesregierung um die Vorlage
von Maßnahmen gebeten, «um vergleichbare künftige Krisen zu
bewältigen».
«Mini-Enquetekommission»
Der FDP-Parlamentarier Yanki Pürsün nannte die geplante
Expertenanhörung eine Mini-Enquetekommission, die wie eine
Alibi-Veranstaltung wirke. «CDU und SPD konterkarieren mit ihren
Vorschlägen die Arbeit des vom Parlament eingesetzten
Untersuchungsausschusses», kritisierte Pürsün, der Vorsitzender
dieses Gremiums ist, in der lebhaften Landtagsdebatte.
Der auf Betreiben der AfD-Fraktion im Juni eingesetzte
Corona-Ausschuss kommt allerdings nur schleppend in Gang - die ersten
Zeugenvernehmungen werden erst 2025 erwartet. Die AfD klagt parallel
beim Staatsgerichtshof, um mehr Pandemiethemen und eine andere
Besetzung im Ausschuss durchzusetzen. Die Verfassungsklage hat keine
aufschiebende Wirkung.
«Zahnloser Tiger»
Der AfD-Parlamentarier Volker Richter nannte den Antrag von CDU und
SPD zur parallelen Corona-Aufarbeitung einen zahnlosen Tiger. Die
Landesregierung habe etwa «in den Schulen ein Desaster angerichtet
und die Psyche und Entwicklung Tausender Kinder negativ beeinflusst».
Und das solle mit Fokusgruppen und einer Expertenanhörung «geglättet
»
werden, fragte Richter.
Der CDU-Parlamentarier Holger Bellino warf der AfD mit Blick auf
Unterschriften für die einstige Einsetzung des
Untersuchungsausschusses auch von fraktionslosen Abgeordneten vor:
«Sie schließen Menschen, die rechtsextrem sind, aus Ihrer Fraktion
aus und dann machen Sie gemeinsame Sache mit ihnen.»
AfD-Fraktionschef Robert Lambrou verwahrte sich dagegen: «Wir sind
bürgerlich, konservativ und freiheitlich.» Er fügte auch mit Blick
auf einstige staatliche Maßnahmen gegen Corona hinzu: «Bundesweit
wählen uns mittlerweile 20 Prozent der Menschen.»
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