Fachmagazin «Science»: HIV-Schutz ist Durchbruch des Jahres
Jährlich würdigt das wichtige Fachjournal «Science» einen
Forschungsdurchbruch des Jahres. In diesem Jahr wurde ein Medikament
ausgewählt, das einen großen Fortschritt beim Schutz vor HIV
bedeutet.
Washington (dpa) - Die Entwicklung des eine HIV-Infektion
verhindernden Medikaments Lenacapavir ist für das renommierte
Fachmagazin «Science» der wichtigste Forschungsdurchbruch des Jahres.
Damit werde der nächste, aber keineswegs letzte Schritt im Kampf
gegen Aids gewürdigt, heißt es zur Begründung des «Breakthrough of
the Year».
Weltweit leben nach Daten des UN-Programms UNAIDS rund 40 Millionen
Menschen mit HIV, der Großteil in Afrika südlich der Sahara. Eine
halbjährliche Spritze mit dem Medikament Lenacapavir schützt effektiv
vor einer Infektion mit dem Virus, wie Studiendaten zeigten. Bisher
verwendete Mittel zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wie Truvada
müssen täglich als Tablette genommen werden.
Die Entwicklung des Medikaments stelle einen ähnlichen Fortschritt in
der HIV-Prävention dar wie frühere Durchbrüche mit antiretroviralen
Medikamenten, erläutert «Science»-Chefredakteur Holden Thorp. «Die
sechsmonatige Wirkungsdauer von Lenacapavir macht einen großen
Unterschied und bietet eine neue und bessere Möglichkeit, die
Prophylaxe mehr Menschen auf der ganzen Welt zugänglich zu machen.»
Wertvolle Verbesserung
Sich zweimal jährlich spritzen zu lassen, sei wesentlich komfortabler
als täglich an die Einnahme einer Tablette denken zu müssen, betonen
Experten. Hinzu komme, dass es gerade in einigen stark von HIV
betroffenen Ländern bei der täglichen Einnahme von Tabletten das
Risiko gebe, im Umfeld als vermeintlich HIV-positiv abgestempelt zu
werden. Eine nur zweimal jährlich verabreichte Spritze sei da sehr
hilfreich.
Der Hersteller Gilead will die Zulassung als HIV-Schutz in
zahlreichen Ländern beantragen. Gezielt werde an einer Versorgung
auch in ärmeren Ländern gearbeitet. Das Mittel soll prophylaktisch
Menschen mit hohem HIV-Infektionsrisiko angeboten werden.
In der EU ist Lenacapavir zur virushemmenden Behandlung bestimmter
Patienten zugelassen, die schon infiziert sind. In Deutschland wurde
das Medikament dafür bisher von Gilead nicht auf den Markt gebracht.
Ob es als vorbeugendes Mittel hierzulande erhältlich sein wird, ist
unklar.
Dritte Ehrung für Forschung zum Thema
Dass das HI-Virus die Immunschwächekrankheit Aids verursacht, ist
seit Anfang der 1980er Jahre bekannt. In der Folge wurden
antiretrovirale Präparate entwickelt, die den HIV-Spiegel so weit
senken, dass die Übertragung gestoppt wird.
Es ist das dritte Mal, dass «Science» eine Aids-Intervention als
Durchbruch auszeichnet. Im Jahr 1996 markierte demnach die
Entwicklung von Proteasehemmern als wirksame Waffe gegen HIV einen
Wendepunkt. «Bei den meisten Patienten konnte diese Klasse
antiretroviraler Medikamente in Kombination mit anderen antiviralen
Wirkstoffen den HIV-Spiegel im Blut drastisch senken», heißt es von
«Science».
Im Jahr 2011 habe dann die bahnbrechende klinische Studie «HPTN 052»
gezeigt, dass die Behandlung mit einem Cocktail dieser Wirkstoffe
auch das Risiko einer sexuellen Übertragung des Virus auf andere
Menschen erheblich verringert.
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