Jährlich knapp 100 ärztliche Zwangsbehandlungen in Thüringen

Unter strengen Voraussetzungen dürfen Menschen auch gegen ihren
Willen medizinisch behandelt werden. Darüber entscheiden Gerichte.
Wer ist von so einer Anordnung betroffen?

Erfurt (dpa/th) - Gerichte in Thüringen haben zuletzt jährlich knapp
100 ärztliche Zwangsmaßnahmen für volljährige Patienten genehmigt,

die dringend benötigte Behandlungen ablehnen oder verweigern. 2021
bis 2023 schwankten die Zahlen der Genehmigungen zwischen 95 und 99
pro Jahr, wie das Justizministerium auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur mitteilte. 

Betroffen waren überwiegend Menschen, die unter gerichtlich
angeordneter Betreuung stehen, weil sie ihre Angelegenheiten etwa
wegen einer Erkrankung oder Behinderung nicht selbstständig regeln
können.

Behandlungen gegen den Willen von Patienten, teils unter Fixierung,
gelten als letztes Mittel, um erhebliche Gesundheitsschäden bei ihnen
zu vermeiden. Weil es sich um einen gravierenden Eingriff in die
Rechte dieser Menschen handelt, sind solche Behandlungen nur unter
bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Das zuständige Betreuungsgericht
muss sie genehmigen.

In jährlich etwa einem Dutzend Fällen wurden laut Justizministerium
in Thüringen auch ärztliche Zwangsmaßnahmen für nicht unter Betreuu
ng
stehende Patienten gerichtlich genehmigt.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Bislang sind ärztliche Zwangsmaßnahmen in Deutschland ausschließlich

Krankenhäusern vorbehalten. Das Bundesverfassungsgericht hat das
ausnahmslose Verbot der Zwangsmaßnahmen außerhalb von Krankenhäusern

kürzlich jedoch für teils verfassungswidrig erklärt. Grundsätzlich

sei die Bindung an einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus zwar
zulässig, urteilte das Gericht. Die ausnahmslose Vorgabe sei aber
verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Bis Ende 2026 muss eine
gesetzliche Neuregelung gefunden werden.

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